Full text: König Friedrich Wilhelm II. - König Friedrich Wilhelm IV. (Bd. 2)

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Sänger aus Tilsit, der Schwan von Memel, in dein Klageliede, mit welchem 
er die Königin an ihr frühes Grab begleitete: 
Rose, schöne Königsrose, 
Hat auch dich der Sturm getroffen? 
Gilt keii: Beten ntehr, kein Hoffen 
Bei dem schreckeuvollen Lose? 
Sink' an deiner Völker Herzen 
Du im tiefsten Leid Vertonter, 
Dn zum Märtyrtunt Erkoruer, 
Auszubluten deine Schmerzen! 
Herr und König, schau nach oben, 
Wo sie leuchtet gleich den Sternen, 
Wo in Himmels weiten Femen, 
Alle Heilige sie loben. 
Ani folgenden Tage, am 20. Juli nachmittags, reiste ber König mit seinen 
Kindern von Hohen-Zieritz ab. Am 25. Juli folgte ihm bie Leiche der Königin 
nach. Gerade vor einem Monat war sie in der Freude ihres Herzens nach 
Strelitz gekommen. Heute in der fünften Morgenstunde rollte ihr Trauerwagen 
ans dem Schlosse; in demselben Augenblicke ging die Sonne mit vollem Glanze 
auf. Ihr jüngster Bruder, der Prinz Karl von Mecklenburg, begleitete bie 
Leiche ber Königin nach Berlin. Hier würbe sie am 27. Juli abenbs feierlich 
eingeholt, nachdem sie bei ihrer Ankunft auf dem Wedding, im Beisein der Ärzte 
Heim und Görke, aus bem Reisesarge in den Paradesarg gelegt worden war. 
Dieser wurde am Portale des königlichen Schlosses mit einem Chorale em¬ 
pfangen; vierundzwanzig Kammerherren hoben den Sarg unten an der Schlo߬ 
treppe vom Wagen und tragen ihn die Stnfen hinauf. Der König kam mit 
seinen Kiuderu bem Sarg bis an ben Fuß ber Treppe entgegen uub schritt 
vor ihm her in bas Thronzimmer. Hier würbe der Sarg unter dem Thron¬ 
himmel niedergesetzt, wo er die folgenden drei Tage von Tausenden gesehen 
wurde. Der Paradesarg stand auf einer mit violettem Samt bedeckten Estrade 
unter dem Thronhimmel. Am Kopfende links stauben zwei Sessel mit zwei 
goldstossnen Kissen; aus dem einen lag bie Königskrone, auf dem andern der 
russische Katharinen-Orden der Königin. Sechs Kandelaber mit Kerzen be¬ 
leuchteten die Trauerkammer. 
Und nicht nur alles, was Preußen hieß, ganz Deutschland trauerte um 
Luise. Die Provinzen, welche Napoleon dem Könige entrissen hatte: in dem 
Leid um die Königin fühlten sie sich wieder eins mit Prenßen. Henrich 
Stessens, damals Professor in dem zum neuen Königreich Westfalen geschlagenen 
Halle, beschreibt als Zeitgenosse, wie die Kunde von dem Tode der geliebten 
Königin die Herzen erschütterte. „Es war eine Bewegung in der Stadt, nur 
mit derjenigen zu vergleichen, die in den ersten Tagen der Überwältigung durch 
j)ie Feinde stattfand. Der Schmerz malte sich ans allen Gesichtern; die tiefste 
Meyer, Hoheiizollernbuch. II. Bd. g
	        
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