König Wilhelm L,
der erste L)ohenzollern-Aaiser.
1861-1888,
Gott mit uns!
1. Die rrrue Ara in Prruhen.
Wilhelm Maurenbrecher, Gründung des deutschen Bundes 1859—1871. Leipzig 1892.
Selten ist ein Regierungswechsel mit größerem Jnbel begrüßt worden,
als er in Preußen im Herbst 1858 sich erhob. Man fühlte sich von dem Alp¬
druck der Reaktiou, der schwer aus alleu Gemütern gelastet, endlich erlöst. Mit
hingebender Begeisterung empfing man den neuen Regenten.
Es war ein Fürst, der schon sein einnndsechzigstes Lebensjahr vollendet,
ein Mann mit festausgeprägtem Charakter und einem schon fertigen Regierungs¬
programm, das geeignet schien, die allgemeinste Befriedigung zu erwecken.
Es wird nötig sein, in aller Kürze ein Bild des neuen Herrschers zu
zeichnen, seine Entwickelung bis zur Übernahme der Regentschaft nach ihren
hauptsächlichsten Eigenschaften zu verfolgen.
Am 22. März 1797 geboren, war Prinz Wilhelm der zweite Sohn seiner
Eltern, des Königs Friedrich Wilhelm III. und der vielbewunderten Königin
Luise. Als Knabe erlebte er mit Eltern und Geschwistern die Katastrophe des
preußischen Staates 1806, die Flucht in den äußersten Osten der Monarchie,
die Kriegserhebung von 1813, die siegreichen Feldzüge von 1813 und 1814.
Es war ihm vergönnt, nach Frankreich mit hinauszuziehen; er war mit in Paris.
Gemeinsam mit seinem älteren Bruder, dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm,
wurde er erzogen. Er machte den hergebrachten Bildungsgang eines preußi¬
schen Prinzen durch; er trat sehr früh in das königliche Kriegsheer und ent¬
wickelte sich bald zu einem brauchbaren und tüchtigen Offizier. Er stieg all¬
mählich durch die verschiedenen militärischen Grade und Stellungen zn wich¬
tigeren Befehlshaberstellen in die Höhe. Er war mit Leib und Seele Berufs-
Meher, Hohenzollernbuch. III. Bd. i