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81 Zweites Buch.
ableitete; seine Güter lagen größtentheils in den Bergen und an
der Ostküste des Landes, wo die Diakrier saßen.
Der Vater des Peisistratos war Hippokrates. Als dieser
Eft nach Olympia gegangen war, um die Spiele zu schauen,
geschah bei dem Opfer, das er brachte, ein großes Wunder. Die
Kessel, welche, mit Fleisch und Wasser gefüllt, die Opfermahlzeit
enthielten, begannen zu kochen und überzulaufen, ehe das Feuer
augezündet war. Der Spartaner Cheilou, einer der sieben Weisen,
welcher zufällig tu der Nähe war, sah darin ein prophetisches
Zeichen; ei erkannte, daß aus dem Hause des Hippokrates eiu
Mann von überströmender, alle Schranken durchbrechender Kraft
hervorgehen würde, und rieth dem Hippokrates, wenn er einen
Sohn hätte, ihn zu verstoßen. Nicht lange nachher ward dem
Hippokrates ein Sohn geboren, aber er verstieß ihn nicht, sondern
setzte auf ihn alle Hoffnung des Hauses. Er nannte ihn Peisi¬
stratos, nach dem Namen des edlen Ahnherrn.
Peisistratos täuschte die Erwartungen seines Vaters nicht.
Er wuchs zu einem herrlichen schönen Jüngling heran, mit den
glücklichsten Anlagen. Solon, sein Verwandter, liebte ihn und
war gewiß nicht ohne Einfluß auf seine Ausbildung. In deu
reiferen Zähren fand Peisistratos in dem langwierigen Kriege
mit Megara Gelegenheit, als Anführer sich auszuzeichnen und
großen Ruhm zu erwerben. Als die Parteistreitigkeiten anfs
Nene entbrannten, war Peisistratos ein Mann von hohem An-
sehen, der es wagen konnte, mit den Ersten im Staate um deu
Vorrang zu kämpfen. Er ward der Mann des niederen Volkes,
der Partei der Diakrier. Unter dieser- Vevölkeruug, den Klein¬
bauern im Gebirge und an der Ostküste, hatte sich am meisten
Unzufriedenheit angesammelt, sie sahen sich dnrch die solonischen
Einrichtungen in ihren Erwartungen getäuscht, da sie vergeblich
auf Ackervertheiluug und Ausgleichung des Gruudbesitzes gerechnet
hatten, -rie waren auch jetzt bereit am weitesten zu gehen uud
daher die geeignetste Stütze für den nach Tyrannenherrschaft
strebenben Peisistratos.