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12. Der sächsische Prinzenraub. 
(1455 it. Chr.) 
„Welch seltsamer Kampf wird hier in Waldesdickicht neben der knnstlos auf- 
gezimmerten Hütte, zwischen stahlbedeckten, bewährten Kriegsmännern und den 
kräftigen Waldbewohnern geführt, die mit rasch ergriffener Naturwaffe zu¬ 
schlagen! Am Boden liegt der streitbare Ritter, vom Hnfschlage feines eigenen, 
wild sich bäumenden Rosses bedroht nnd vergebens das Schwert zn gebrauchen 
versuchend, während der riesige Waldmann ihm Schlag ans Schlag mit dem mäch¬ 
tigen Banmast versetzt. Und wie stellt sich der Knabe zn den Streitenden, der 
sich bittend nnd abwehrend an den wilden Kämpfer des Waldes anklammert und 
ihn abzuhalten scheint, den Gefallenen weiter zu schädigen. Mit gespannter 
Erwartung schaut die Frau im Hintergründe dem wohl schon entschiedenen 
Kampfe zu, nachdem sie mit dem Waldzeichen die Genossen zur Hülfe gerufen, 
und auch der Knappe mag den Streit bereits aufgegeben haben, fei es nun, weil 
er seinen Gebieter besiegt sieht, oder weil das Dickicht ihm hindert, sich seines 
Rosses und Schwertes mit Ersolg zu bedienen." 
Als Friedrich der Streitbare, der erste Kurfürst von Sachsen aus dem 
Hause Wettin, 1428 aus dem Schlosse zu Altenburg gestorben war, folgte ihm 
in der Kurwürde der älteste Sohn Friedrich, den die Geschichte mit dem Ehren¬ 
namen des Sanstmüthigen geschmückt hat. Als namentlich durch Todesfälle 
diesem und seinem Bruder Wilhelm die gesammten Lande zugefallen waren, 
beschlossen die beiden Brüder eine Theilung. Obgleich Friedrich sich hierbei sehr 
uneigennützig benommen hatte, gelang es doch bösen Räthen Wilhelms, diesen 
wider seinen Bruder aufzuhetzen, infolge dessen endlich der sogenannte Bruder¬ 
krieg entstand. Unter den Mannen des Kurfürsten befand sich auch ein in Thürin¬ 
gen begüterter Ritter, Namens Kunz von Kaufungen. Für seine Kriegsdienste 
war er angemessen belohnt worden, wie er selbst seiner Zeit schriftlich bekannt 
hat. Damit nicht zufrieden, verlangte er auch noch Wiedererstattung des Löse¬ 
geldes, das er nach seiner Gefangennahme durch die Böhmen hatte zahlen muffen, 
ja er weigerte sich sogar, die ihm einstweilen (da seine eigenen Güter während 
des Krieges ihm entzogen waren) überlassenen Güter wieder herauszugeben, 
nachdem er wieder in den Besitz seiner eigenen gelangt war. Ehe noch der 
schiedsrichterliche Spruch gefällt war, der allerdings schwerlich zu Gunsten des 
Kunz lauten konnte, beschloß letzterer, sich selbst zu helfen und verband fich zu 
diesem Zwecke mit den beiden Rittern Mofen und Schönfels, knüpfte auch am 
Hofe zu Altenburg die ihm zur Ausführung feiner Rachepläne nöthig erscheinenden 
Verbindungen an. 
„Als nun Kunz durch den von ihm gewonnenen Küchendiener Schwalbe 
erfuhr, daß der Kurfürst am 7. Juli (1455) in Leipzig fein, das Hofgesinde aber 
die Nacht aus einem Fest in der Stadt verbringen würde, erschien er in der Nacht 
vom 7. zum 8. Juli am Schlosse, erstieg dasselbe auf Strickleitern, brachte dann 
an einem andern Fenster ineinander geschraubte Holzleitern an und entführte 
darauf die beiden Prinzen Ernst (geb. 14. März 1441) und Albert (geb. 27.Juli 
1443) zu feinen Leuten, mit denen er nun in der Richtung nach Böhmen entfloh. 
Am andern Morgen traf ein Fehdebrief von ihm ein. Die That ward natürlich 
bald ruchbar und die eifrigsten Anstalten zur Verfolgung wurden getroffen und 
fanden überall im Lande Anklang und Beistand. Dabei hatte schon die Unweg-
	        
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