10 Geschichte der Hellenen.
haben, sich an den persischen Hof zu wenden, zu Lande nach der
Alexander gehörigen Stadt Pydna an das andere Meer. Hier traf
er ein Fahrzeug an, welches nach Jonien segelfertig lag. Auf diesem
ging er an Bord, hatte aber das Unglück, durch einen Sturm gerade
auf die athenische Flotte zu geraten, welche Naxos belagerte. In
dem Schrecken, den ihm dieser Zufall verursachte, gab er sich dem
Schiffskapitän, da er sonst den Schiffsleuten unbekannt war, zu er¬
kennen, und eröffnete ihm die Ursache seiner Flucht mit dem Bei¬
fügen: wertn er ihn nicht zu retten suchte, so wollte er sagen, er habe
sich für Geld erkaufen lassen, ihn fortzubringen. Ihre Sicherheit
beruhe übrigens darauf, daß während der ganzen Fahrt keiner aus
dem Schiffe gelassen werde. Wenn er ihm hierin zu Willen sei, so
solle er eine wichtige Vergeltung zu gewarten haben. Der Schiffs¬
kapitän that, was er verlangte. Sie lagen also einen Tag und eine
Nacht oberhalb der Flotte vor Anker und kamen endlich nach Ephesus.
Hier bewies ihm Themistokles seinen Dank mit einer ansehnlichen
Geldsumme, denn seine Gelder waren unterdessen von seinen Freunden
aus Athen und von Argos, wo er dergleichen ausstehen hatte, ein¬
gelaufen, und er reifte daraus in Gesellschaft eines Persers aus
diesen unteren Gegenden tiefer ins Land, von wo aus er an Arta--
xerxes, des Xerxes Sohn, welcher kurz zuvor aus den Thron ge¬
kommen war, einen Brief folgenden Inhalts schrieb:
„Ich, Themistokles, bin zu dir gekommen. Ich habe eurem
Hause mehr Schaden zugefügt, als sonst irgend ein Grieche, so lange
mich dein Vater durch feinen Angriff in die Notwendigkeit gefetzt
hat, mich zu wehren. Allein ich habe ihm noch weit mehr Dienste
geleistet, als ich mich wieder in Sicherheit befand, er aber unter
Gefahren sich zurückzog. Man ist mir also Dank für eine Wohlthat
schuldig — hier führte er in seinem Schreiben an, wie er jenem
von Salamis aus wegen des Rückzugs zu rechter Zeit Nachricht
gegeben, und wie durch ihn damals die fälschlich vorgegebene Zer¬
störung der Brücken hintertrieben worden —; und auch jetzt noch
imstande, dir wichtige Dienste zu leisten, bin ich hier angekommen,
da mich die Hellenen wegen meiner Freundschaft gegen dich ver¬
folgen. Ich will aber nach Jahresfrist dir selbst eröffnen, warum
ich hierher gekommen." —Der König bewunderte, wie man erzählt,
den Verstand des Mannes und billigte seinen Plan. Er aber machte
sich während der genommenen Frist mit der persischen Sprache und
den Landessitten, so viel wie möglich, bekannt. Nach Versluß des
Jahres erschien er vor dem König, und gelangte bei ihm zu großem
Ansehen, wie noch kein Hellene, teils wegen des zuvor erworbenen
großen Ruhmes, teils weil er dem Könige Hoffnung machte, ihm
die hellenischen Staaten zu unterwerfen, vornehmlich aber, weil er
ihm nach den gegebenen Proben als ein einsichtsvoller Mann erschien.