Full text: Vom Mittelalter zur Neuzeit (Bd. 6)

Ludwig der Bayer und Friedrich von Österreich. 11 
die sich gegen ihn erhoben hatten, zu bekriegen, zu plündern und zu 
unterwerfen. In diesem Heere führte Herzog Leopold eine Ritter¬ 
schaft, die stark war und auserlesen und im Kampfe erprobt und 
unerschrocken. So kamen denn die Männer dieses Heeres einmütig, 
wie ein Mann, zusammen, um jene Bauern zu unterwerfen und zu 
demütigen, die von Bergen anstatt von Mauern umgeben waren, 
und da sie ihres Sieges, der Eroberung, Plünderung und Ver¬ 
wüstung jenes Landes sicher waren, so führten sie Seile und Stricke 
mit sich, um mit ihnen das erbeutete Vieh von dannen zu führen. 
Als jene das hörten, gerieten sie in Furcht; sie befestigten die 
weniger geschützten Orte ihres Landes und jene Punkte, an denen 
man zu ihnen kommen konnte, durch Mauern, Gräben und auf 
andere Weise, empfahlen sich durch Gebete, Fasten, Prozessionen 
und Bittgesänge Gott, besetzten alle Berggipfel und gaben den ein¬ 
zelnen, durch deren Gebiet der Feind heranziehen konnte, den Be¬ 
fehl, die Höhen, über die jener sich ihrem Lande nahen konnte, zu 
behaupten und dort, wo sie zwischen zwei Bergen einen Engpaß 
wahrnähmen, Wache zu halten. Und sie thaten, wie man ihnen 
aufgetragen hatte, und es rief alles Volk in der Not seines Herzens 
zum Herrn, und alle demütigten ihre Herzen in Fasten, Männer 
und Frauen, und flehten zu Gott, er solle ihr Vieh nicht zum 
Raube, sie und ihre Weiber nicht zur Beute, ihr Land nicht zur 
Zerstörung und ihre Ehre und Tugend nicht zur Beschimpfung 
geben. Sie baten also den Herrn von ganzem Herzen, daß er 
seinem Volke beistehe, und sagten: „Herr, Gott Himmels und der 
Erde, schaue auf ihren Übermut und sieh auf unsere Demut und 
zeige, daß du nicht verlässest die, welche auf dich ihre Hoffnung 
setzen, und die erniedrigest, die sich auf sich selbst verlassen und sich 
ihrer Stärke rühmen!" Dies sagten sie, indem sie Buße thaten 
und wegen ihres Trotzes mit eifrigem Bestreben Frieden und Huld 
durch Vermittelung eines Herrn, des Grafen von Toggenburg, nach¬ 
suchten, der, ausgezeichnet durch Vorzüge des Geistes und des 
Körpers, als Vermittler zwischen beiden auftrat und danach strebte, 
zwischen beiden den Frieden herzustellen und den ganzen Hader 
beizulegen. Obwohl nun dieser eifrig und treu den Vorteil beider 
Parteien betrieb, so erreichte er doch nichts bei Herzog Leopold, 
weil dieser, gegen die Schweizer allzusehr gereizt und von grimmiger 
Wut aufgestachelt, die von dem Grafen von Toggenburg ihm an¬ 
gebotenen demütigen Bedingungen nicht annehmen, sondern jenes 
Volk lediglich besiegen und mit seinem Hab und Gut vernichten 
wollte. Als die Schweizer dies hörten, wurden sie von Furcht und 
Schrecken ergriffen. Sie nahmen daher ihre Waffen und besetzten 
die Höhen, die neben dem Engpaß lagen und diesem im Gebirge 
die Richtung gaben, und sie hielten hier den ganzen Tag über und
	        
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