Full text: Vom Regierungsantritt Friedrichs des Großen bis zum Wiedererstehen des Deutschen Reiches (Bd. 8)

Friedrich Wilhelm IV.; — die Revolutionsjahre 1848 und 1849. 73 
sollte. Am folgenden Tage fand eine ähnliche Volksversammlung 
in Karlsruhe statt, und der liberale Minister Bekk versprach, 
demnächst dreien der vier Punkte zu genügen; nur das deutsche Par¬ 
lament zu schaffen, gehe über seine Kräfte. — Mittlerweile schritt 
die Bewegung vom Rhein her tiefer ins Innere Deutschlands 
vor. — Die bisherigen Häupter der Kammeroppositionen hielten 
am 8. März eine Zusammenkunft in Heidelberg. Sie erließen 
einen Aufruf an das deutsche Volk, worin sie demselben eine 
Nationalvertretung verhießen und zu einer großem Versamm¬ 
lung, durch welche jene vorbereitet werden sollte, d. h. zu einem 
Vorparlament einluden. Die bedrohten Regierungen hielten 
es für das Klügste, die Häupter der Bewegung in ihr Interesse zu 
ziehen, und gaben sich ganz den Konstitutionellen hin, um mit 
ihrer Hilfe wenigstens der Demokraten Meister zu werden. Der 
König von Preußen schickte seinen Vertrauten, den General von 
Radowitz, nach Wien, um den Fürsten Metternich zu bewegen, mit 
Preußen gemeinsam in Bezug auf die immer dringender gewordene 
Reform des deutschen Bundes die Initiative zu ergreifen. Bisher 
hatte Metternich nichts von den preußischen Bundesreformvor- 
schlügen wissen wollen; jetzt aber fand er selbst rötlich, mit Preußen 
gemeinsam einzuschreiten, um die Leitung des Bundes nicht aus der 
Hand zu lassen. — Die Riesenmacht Österreichs war an einem 
einzigen Tage wie verschwunden. Die unter Metternichs langer 
Verwaltung verrostete Staatsmaschine siel vor einem bloßen Hauch 
zusammen. In Wien stellte zuerst eine Adresse des Gewerbe¬ 
vereins vom 6. März an den Kaiser freisinnige Forderungen, dann 
auch eine der Studenten. Diese letzteren verlangten zuerst die Ent¬ 
fernung Metternichs, am 11. Metternich selbst schien gar nicht 
mehr zu existieren, denn er befahl und verhinderte nichts. Am 13. 
wurden zufällig die niederösterreichischen Stände in Wien eröffnet 
und gleich in der ersten Sitzung von Studenten und Pöbel über¬ 
fallen und terrorisiert. Als dieser Pöbel noch an demselben Abend 
sich seinem ganzen Übermut überließ, im Ständehause alles zer¬ 
störte und in den Straßen tobte, wurde Militär gegen ihn entsandt, 
aber schon nach wenigen Schüssen, die nur 30 Mann töteten, wieder 
zurückgezogen. Erzherzog Ludwig bestimmte den Kaiser, keine Ge¬ 
walt zu brauchen, sondern allen Forderungen nachzugeben. 
Metternich selbst verhielt sich apathisch und hatte nichts einzuwenden, 
als man ihm ankündigte, es wäre besser, er dankte ab. Er verließ 
Wien augenblicklich und entkam nach London. Der Kaiser be¬ 
willigte sofort Preßfreiheit, Bürgerwehr und eine liberale Ver¬ 
fassung für das ganze Kaiserreich. — In Preußen war ebenfalls 
große Verwirrung. Vom Rhein her stürmten Adressen und Depu¬ 
tationen. Auch in den Ostprovinzen gärte es. In Berlin selbst
	        
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