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Sechster Abschnitt.
der Kalk absondernden Meerestiere. Von dem Kochsalz dagegen wird nur wenia wieder
ausgeschieden.
Die Oberflächentemperaturen der Meere ändern naturgemäß,
ebenso wie die der Luft, ihre Werte nach den Tages- und Jahreszeiten,
doch ist die tägliche Schwankung eine sehr geringe nud beträgt selten mehr
als 2°. Die jährlichen Schwankungen sind in den Tropen ebenfalls gering,
in höheren Breiten dagegen sehr erheblich.
In größeren Tiefen sind die Temperaturen sehr konstant, da das Wasser
ein schlechter Wärmeleiter ist und die direkte Sonnenstrahlung nicht bis
in große Tiefen eindringt.
Die höchste Oberflächentemperatur, 34°, ist im Roten Meere gefunden worden,
demnächst sind die wärmsten Meeresteile: das Meer zwischen den Sunda-Jnseln und
Australien, der nördlich vom Äquator gelegene Teil des Meerbusens von Guinea
und das Gebiet des Altantischen Ozeans zwischen der Mündung des Amazonenstroms
und des Orinoco. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt in allen diesen Gebieten
28°. In den polaren Gebieten friert das Meer im Winter stets vollständig zu, und
zuweilen genügt auch die Sommerwärme nicht, um das Eis aufzutauen. Aber auch
in niederen Breiten frieren in kalten Wintern flache Meere (z. B. die Ostsee) völlig zu.
Die Temperaturverhältnisse der Tiefen werden im offenen Ozean wesentlich
dadurch bestimmt, daß in der Tiefe eine zwar langsame, aber beständige und mächtige
Wasserbewegung von den Polen nach dem Äquator stattfindet. Je freier daher die
Verbindung mit dem Polarmeer ist, desto niedriger sind die Tiefentemperaturen. Die
Bodentemperatur des Meerwassers beträgt in den Polarmeeren ■—2° bis ■—3°, in den
mittleren südlichen Breiten 0° bis —1,5°, in den mittleren nördlichen 4-1° bis 4-2°,
in den äquatorialen Gegenden nahezu 0°. In den tieferen Mittelmeeren, welche durch
eine unterseeische Bodenschwelle von den offenen Ozeanen abgetrennt sind, ist die
Bodentemperatur gleich der niedrigsten durchschnittlichen Oberflächentemperatur,
im Mittelländischen Meer z. B. >12° bis ->-13°. Das Meerwasser gefriert wegen seines
Salzgehalts erst bei —2° bis —3°. Auch die Temperatur der größten Dichte liegt
um einige Grade tiefer als beim Süßwasser.
§ 155. D i e Bewegungsformen des Meeres.
Drei Bewegungsformen lassen sich im Meere unterscheiden: 1. die
Wellenbewegungen; 2. die Gezeiten; 3. die Meeresströmungen.
1. Die Wellenbewegungen. Die Oberflüche des Meeres erscheint
selten ganz glatt, zeigt vielmehr eine auf- und absteigende, wellenförmige
Bewegung. Hervorgebracht werden die Wellen im allgemeinen durch den
Wind, in einzelnen Fällen durch Erdbeben und unterseeische Vulkanaus-
brüche. Die einzelnen Wasserteilchen zeigen dabei keine fortschreitende,
sondern eine pendelnde Bewegung und zwar sowohl in vertikalem, wie
in horizontalem Sinne; sie beschreiben Kreise oder Ellipsen um ihre Ruhe-
läge. Fortschreitend ist nur die Bewegungsform der Welle. Man unter-
scheidet an jeder Welle den Wellenberg und das Wellental. Wellen-
höhe nennt man den vertikalen Abstand vom Wellenkamm
bis zum Wellental, Wellenlänge die Entfernung von einem
Wellenkamm zum nächsten.
Die Wellenhöhe überschreitet selten 10 m, in die Tiefe pflanzt sie sich sehr weit
fort, so daß hohe Wellen nur in tiefen Meeren entstehen können. Gelangen Wellenzüge
aus einem tieferen in ein flaches Meer, so wird die Bewegung in der Tiefe durch Rei-
bung am Boden verzögert; die nachfolgenden Wellen überstürzen daher die vorher-
gehenden. Dieses Überstürzen der Wellen ist namentlich an Flachküsten zu beobachten
und wird hier als Brandung bezeichnet, die das Landen an der Küste oft sehr erschwert
oder ganz unmöglich macht.