bis zum Fall der alten Monarchie (1782—1806).
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Millionen Thalern durch die Kriege und die Verschwendung des Hofhaltes
verbraucht worden war, es waren auch noch 48 Millionen Schulden
hinzugekommen. Das schlimmste aber war, daß die Staatsverwaltung
ganz aus den Fugen ging. Das persönliche Regiment, welches Friedrich II.
geführt und das den Staat zusammengehalten hatte, war dem
König Friedrich Wilhelm II. unmöglich, er ließ geschehen, was er zu
hindern nicht die Kraft hatte. Ein nicht geringes Übel war die
Üppigkeit des Hofes. Und weil das Beispiel des Hofes von den
Unterthanen besonders beachtet wird, so verbreitete sich unter dieser
Regierung die Genußsucht und ein schlaffes, zerfahrenes Wesen in der
ganzen höheren Gesellschaft.
II. Friedrich Wilhelm III. ) und Luise von Preußen.
Friedrich Wilhelm III. war 1797 seinem Vater in der Regierung
gefolgt. Seine stattliche Erscheinung war würdevoll und ehrfurchtgebie¬
tend; zugleich waren Liebe, Wohlwollen und heitere Zuversicht über
sein Wesen ausgebreitet. Er hatte ein so großes Vertrauen zum Volke,
*) Friedrich Wilhelm ist am 3. August 1770 geboren. Sein Großoheim
Friedrich II. nahm sich der Erziehung des Prinzen besonders an, hielt seine Haus¬
haltung aber sehr knapp, für den Unterricht desselben gab er ganz genaue Anweisung,
was zu lehren und zu lernen war. „Behandelt meinen Neffen wie den Sohn eines
Privatmannes, der fein Glück macken soll; sagt ihm, daß er, wenn er Thorheiten
begeht und nichts lernt, von der ganzen Welt verachtet werden wird. Man muß ihm
keinen Wind in den Kops setzen, ihn ganz einfach erziehen. Er soll gegen alle Welt
höflich fein, und wenn er sich gegen irgend jemand eine Grobheit erlaubt, soll es ihm
sogleich zurückgegeben werden. Er soll lernen, daß alle Menschen gleich sind, daß die
Geburt nur eine Chimäre ist, wenn sie nicht durch das Verdienst unterstützt wird.
Man lasse ihn mit jedermann sprechen, damit er dreist werde. Was liegt daran,
wenn er auch querfeldein schwatzt; man weiß ja, daß es ein Kind ist. Sorgen Sie
bei feiner Erziehung nur immer dafür, daß er aus sich selbst sich bestimmt und sich
nicht daran gewöhnt, sich führen zu lassen." Eine gewisse Partei am Hofe, welche
schon ans das Gemüt Friedrich Wilhelms II. keinen guten Einfluß ausgeübt hatte,
suchte sich auch des nachfolgenden Thronerben zu bemächtigen, weshalb sie alles auf¬
bot, die religiösen und politischen Ansichten des großen Königs. im Prinzen zu ver¬
wischen, indem sie ihm Lehrer, die mehr zu ihrer Richtung neigten, zu verschaffen
suchte; wenn es ihnen auch nicht gelang, den Charakter des Prinzen umzuändern,
so haben es doch seine Erzieher Engel und Ramler zu verantworten, daß ihr Zögling
mehr einer nüchtern-prosaischen, als einer idealen Richtung angehörte. Denn obfchon
die größten Dichter unb Philosophen Deutschlands nirgends mehr gefeiert worden sind
als in Berlin, so hat doch Friedrich Wilhelm III. während feines ganzen Lebens
eine entschiedene Abneigung gegen Goethes nnd Kants Werke an den Tag gelegt.
Im Jahre 1790 erhielt der Kronprinz das Kommando über ein Infanterieregiment,
dadurch wurde er so sehr in Anspruch genommen, daß er sich um die innere Staats¬
verwaltung und Verfassung nur wenig bekümmern konnte. Von den auswärtigen
Staatsangelegenheiten wurde er durch die Minister, deren Ansichten er nicht teilte,
fern gehalten!