Full text: Die Begründung des Deutschen Reichs in Briefen und Berichten der führenden Männer

den Entwurf mit eigener Hand ab und gab ihn dem Grafen 
Holnstein mit, um ihn durch den im Hauptquartier weilen¬ 
den Prinzen Luitpold dem König einhändigen zu lassen; 
die übrigen deutschen Zürsten aber setzte er von seinem 
Antrage in Kenntnis und bat sie um ihre Zustimmung, 
die ihm auch laut und freudig ausgesprochen wurde (s. Nr. 10 
bis 16). 
Mittlerweile war am 24. November der Reichstag 
des Norddeutschen Bundes zusammengetreten und hatte 
alsbald die Verhandlungen über die mit den Südstaaten 
abgeschlossenen Verträge eröffnet. Die mancherlei Vor¬ 
rechte, die sich Bayern hatte verbürgen lassen, erregten 
Befremden, wurden aber schließlich doch hingenommen, da 
das Präsidium fest auf dem Buchstaben der Verträge stehen 
blieb, um an seiner Vertragstreue keinen Zweifel auf¬ 
kommen zu lassen. Nachdem am 5. Dezember 1870 der 
Präsident des Bundeskanzleramts Delbrück dem Reichstage 
Kenntnis von dem Anerbieten des deutschen Kaisertitels 
durch den König von Bayern gegeben hatte, kam es 
zunächst dem Bundesrat des Norddeutschen Bundes zu, 
die gleiche Anregung zu geben. Den Antrag dazu stellte 
im Bundesrat der Bevollmächtigte des Großherzogtums 
Sachsen-IDeimar, Minister Stichling, im besonderen Auf¬ 
trag des (Sroßherzogs Karl Alexander (Nr. 18 und 19). 
Demgemäß beschloß der Bundesrat im Einverständnis mit 
den Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und 
Hessen am 9. Dezember, beim Reichstag eine Abänderung 
der Verfassung des Norddeutschen Bundes zunächst nur 
insoweit zu beantragen, als in der (Einleitung dem Bunde 
der Name „Deutsches Reich" beigelegt, in Art. 11 aber der 
König von Preußen in seiner (Eigenschaft als „Präsidium" 
mit dem Titel des „Deutschen Kaisers" aufgeführt werde. 
Nachdem der Reichstag in der Sitzung vom 10. Dezember 
diesem Antrage gegen sechs Stimmen beigetreten war, 
beriet er in einer Abendsitzung desselben Tags eine an den 
König von Preußen gerichtete Adresse (Nr. 20) und ließ 
diese durch eine Abordnung unter $ührung des Präsi¬ 
denten Simson am 18. Dezember in Versailles über¬ 
reichen (s. Nr. 21 a und 21 b). Der Reichstag sprach in 
der Adresse dem König die Bitte aus, der Anregung der 
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