Full text: [Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr)] (Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr))

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dickere Mauern; die großen Kachelöfen, welche oftmals vom Vorplatz 
aus geheizt wurden, und zwar in holzreichen Gegenden mit mächtigen 
Scheiten kernigen Buchenholzes, strömten eine langdauernde, behagliche 
Wärme aus und, den Geldbeutel mehr als die Gesundheit berück— 
sichtigend, hielt man namentlich im Winter Thüren und Fenster ängst— 
lich geschlossen. Zur Beleuchtung diente ums Jahr 1840 in manchen 
ländlichen Gegenden noch der Kienspan. In den Stuben brannten 
selbstgezogene oder gegossene Talglichter und Ollampen einfachster Art. 
Zum Feueranmachen oder Lichtanzünden brauchte man Schwefelhölzer, 
welche arme Leute in ihren Häusern mit der Hand anzufertigen und 
zum Verkauf umherzutragen pflegten; ein solches Schwefelholz konnte 
aber nicht durch Reiben in Brand gesetzt werden: es bedurfte des 
Vorhandenseins einer glühenden Kohle, oder aber das einfache Feuer— 
zeug mußte in Bewegung gesetzt werden: Stahl und Stein, durch 
deren Aneinanderschlagen ein Funken entstand, der von einem Häufchen 
verkohlter Leinwand, dem Zunder aufgefangen wurde und diesen zum 
Glimmen brachte. 
In der Beköstigung waren freilich seit dem Ende des siebzehnten 
Jahrhunderts einige wesentliche Veränderungen eingetreten. Kaffee 
und Thee hatten sich verhältnismäßig rasch eingebürgert und, bei der 
städtischen Bevölkerung wenigstens, die Morgensuppen und teilweise das 
Hausbier verdrängt. Das Notjahr 1817 machte nach manchen vorher— 
gegangenen Versuͤchen die Kartoffel zu einem Volksnahrungsmittel 
ersten Ranges. 
Übrigens — und damit kommen wir auf einen der allerwesent— 
lichsten Unterschiede zwischen der Hauswirtschaft bis vor fünfzig Jahren 
und der heutigen — galt in Bezug auf die Beköstigung und einige 
andere wichtige Lebensbedürfnisse der Grundsatz, daß, was im Hause 
gebraucht und verzehrt werden sollte, im Hause hergestellt und bereitet 
sein mußte. Ja, soweit es irgend anging, mußte auch die städtische 
Haushaltung die notwendigen Lebensbedürfnisse selber erzeugen. Viele 
alte Häuser, die vom Vater auf den Sohn vererbt waren, bedeckten 
große Grundflächen; zu ihnen gehörten ausgedehnte Höfe mit Stallungen 
und anderen Nebengebäuden, auch wohl kleine oder große Gärten. 
War für diese zwischen den Rückseiten der Straßen nicht Raum, dann 
kauften oder pachteten begüterte Familien einen Garten vor dem Thore, 
nicht sowohl des Naturgenusses wegen, als um Obst und Gemüse für 
den eigenen Gebrauch zu ziehen. Nicht selten trieb auch der städtische 
Hauswirt Kleinviehzucht. Dann lieferte der Hühnerstall je nach der 
Jahreszeit Eier oder einen feinen Braten. Zu Eingang des Winters 
wurde ein Schwein geschlachtet; die Rauchkammer füllte sich für Monate 
mit Speck, Schinken und Würsten. 
Was man nicht selbst produzieren konnte, das kaufte man wenig— 
stens thunlichst ohne Vermittelung von dem Landwirt, der in der 
Umgegend wohnte. In manchen Häusern gab es eine Roggenkiste, 
in den meisten eine Mehlkiste, denn das Brot wurde von der Haus— 
frau oder der Magd angemengt; nur das Garmachen des Teiges
	        
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