fullscreen: Johann Vasmer von Bremen (4)

— 97 — 
Rücken, bis bessere Tage kommen, bis Dein Freund, der 
Erzbischof, wieder zurück ist von seiner Reise nach Italien!" 
Entsetzt war Vasmer bei diesen Worten seines 
Sohnes zurückgetaumelt auf sein ärmliches Lager. Beide 
Hände hatte er vor das Gesicht gedrückt, in lautem 
Stöhnen machte sein gepreßtes Herz sich Luft. „Was 
sagst Du?" sprach er, „hörte ich recht, vor das Blut¬ 
gericht soll ich gestellt werden? O Gott, das konnte ich 
nicht erwarten. Soll ich denn den Kelch des Leidens 
bis zur Hefe leeren? Soll ich allen Glauben an Recht 
und Gerechtigkeit verlieren? Doch Dein Wille geschehe, 
o Herr! Im Bewußtsein meiner Unschuld will ich selbst 
den Weg zum Tode antreten, wenn Du es beschlossen!" 
Und zu seinem Sohne sprach er: „Mein lieber, treuer 
Sohn, gehe zurück und sage Deiner Mutter und Deinen 
Geschwistern, daß ich dennoch nicht von hier fortgehen 
will und kann. Ich habe es erkannt, daß das Leben 
nicht das größte und höchste Gut ist, daß Treue und Ge¬ 
horsam den Gesetzen höher steht als das Leben. Über¬ 
mittele ihnen meine letzten Grüße und sage ihnen, daß 
sie die Stadt verlassen sollen; es wird die Zeit kommen, 
wo mein unschuldiger Tod wird gerächt werden, und 
dann möget Ihr zurückkehren in die Vaterstadt. Roch 
einen Knß, mein Sohn, den letzten in dieser Welt, und 
dann gehe hin zu unsern Lieben und bringe ihnen den 
letzten Willen mit dem letzten Segen des Vaters!" 
Er stand auf und schloß den Sohn stürmisch in 
seine Arme; dieser aber sprach: „O Vater, wie bewundere 
ich Deinen Heldengeist! Aber ich will es der Welt zeigen, 
daß ich Dein Sohn bin, auch ich vermag es, unschuldig 
zu leiden; ich will bei Dir bleiben, um mit Dir zu 
sterben!" Doch der Alte antwortete: „Nicht so, Heinrich; 
Du bist jung und hast ein langes Leben vor Dir. Be¬ 
nutze es, meine Unschuld an den Tag zu bringen, und 
erhalte Dich für Deine Mutter und die Geschwister, die 
Deiner Hülse und Deines Trostes bedürfen. Du bist 
vou jetzt an das Haupt der Familie, und ich weiß, in 
keine besseren Hände kann ich das Schicksal der Meinen 
Tiemann, Johann Vasmer von SBvcmen. 7
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.