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eher, Untergang aufzuhalten. Aber die neuen
Verhältnisse, welche die Zeit hervorbringen
wollte, wurden ihr von dem freien Willen der
Menschen nicht mehr streitig gemacht. „Die
Staaten " sagt Demosthenes, der mit Muth
und Einsicht dem Schicksal entgegenzukämpfen
fortfuhr, „krankten, theils indem die Verwal¬
ter und Führer feil waren und sich bestechen
ließen, theils indem die Einzelnen und das
ganze Volk einerseits gegen die Zukunft blind
waren, andrerseits sich von der augenblicklichen
Lebensannehmlichkeit ködern ließen. Und so
waren alle gesinnt, nur aber jeder für sich
glaubte, ihn werde das Unglück nicht treffen.
Zeder schien die Zeit, wahrend ein anderer unter-
ging, als Gewinn für sich zu betrachten, da
doch jeder wissen konnte, daß Philippos so wie
der periodische 'Anfall eines Fiebers oder andern
Uebels auch die finden werde, von denen er
jetzt weit entfernt schien. Und das war der
Gipfel der Schlaffheit, daß keiner nicht nur
die Mißhandlungen von ganz Hellas nicht
rächte, sondern auch das ihm selbst zugefügte
Unrecht schweigend duldete, da es sonst die
Quelle von Kriegen wurde, wenn Sparta,
Athen oder Theben gegen irgend eine Stadt die
Gesetze der Billigkeit verletzte."
„So verloren die hellenischen Staaten aus
unzeitiger und ungesättigter Gemächlichkeit ihre
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