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Gesinnung entdeckte. Schon oft hatte er sich vorgenommen,
dem unliebsamen Gaste sein Haus zu verbieten, es aber
immer noch unterlassen, weil er fürchtete, Aufsehen zu
erregen. Heute aber hatte ihn der Zorn übermannt, und
in heftiger Weise war es zwischen ihnen, wie wir gesehen
haben, zum Bruch gekommen.
Wie schon angedeutet, hatte sich Konrad Stäsfe einen
andern Plan, die Zukunft seiner Pflegetochter betreffend,
zurechtgelegt. In Broitzem unweit Braunschweig wohnte
ein Sohn seiner verstorbenen Schwester, ein tüchtiger
Landwirt und ein stiller, bescheidener, ruhiger Manu.
Er hoffte im Stillen, daß Marie diesem seinem Neffen
einst die Hand reichen möchte, und zwar wünschte er
dieses nicht allein deshalb, weil er Peter Bruhus für
einen Mann hielt, an dessen Seite er sein geliebtes
Pflegekind in diesen bösen Zeitläuften wohl geborgen hielt,
sondern weil auf diese Weife auch fein mühsam erworbenes
Vermögen in seiner Familie, unter seinen Blutsverwandten
blieb. Peter kam freilich nur bisweilen des Sonntags
ins weiße Roß, weil er in der Woche keine Zeit zum
Ausgehen hatte; aber diese seltenen Besuche hatten ge¬
nügt, die jungen Leute einander naher zu führen. Zwar
war es noch nicht zu einer Aussprache unter ihnen ge¬
kommen, aber das hatte ja auch noch Zeit. Vorläufig
war Stäsfe glücklich in dem Gedanken, daß sein Herzens¬
wunsch in Erfüllung gehen würde, und um so mehr
freute er sich, daß er heute den lästigen Nebenbuhler
seines Neffen hoffentlich für immer aus seinem Hanse
entfernt hatte.
Ludwig May hatte sich nach der Niederlage, die er
im weißen Roß erlitten, wutschnaubend nach Braunschweig
zurückbegeben. Für ihn war dieselbe gleichbedeutend mit
dem Fehlschlagen seiner liebsten Hoffnungen, denn in
seiner Eitelkeit hatte er geglaubt, bei Marie endlich doch
zum Ziele zu gelangen. Daß sie ihm answich und es
stets zu verhindern wußte, mit ihm allein zu sein, hielt
er für mädchenhafte Schüchternheit, die sich schon legen
werde, sobald er mit seinem Antrage nur offen hervor-