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wie ich mich räche für diese Beleidigung". Und hastig
stürzte er fein Bier herunter und rief mit lauter Stimme
nach einem neuen Schoppen.
Die übrigen Gäste, welche in der Wirtsstube faßen,
wurden aufmerksam auf das laute Sprechen des Wütenden;
deshalb raunte fein Nachbar ihm zu: „Sei vernünftig,
Louis; stoße hier keine Drohungen aus, wir sind nicht
allein. Wenn Du Dich nicht beherrschen kannst, so gehe
lieber hinaus, ehe Du auch hier mit Gewalt an die Luft
gefetzt wirst". Aber es war, als hätte May alle Besinnung
verloren. Er fluchte und wetterte in einem fort und be¬
trug sich so ungebührlich, daß der Wirt ihn endlich zur
Ruhe aufforderte. Vielleicht wäre er jetzt schon mit Ge¬
walt aus dem Haufe entfernt worden, wenn nicht in
diesem Augenblicke die Aufmerksamkeit der Gaste auf
einen andern Gegenstand gelenkt worden wäre. Auf der
Straße ertönte plötzlich ein Trompetensignal, und ein
Ausrufer des wohllöblichen Magistrats that den Bürgern
kund und zu wissen, daß laut eingetroffener Nachricht
Ihre Majestät die Königin von Preußen morgen Nach¬
mittag über Wolsenbüttel kommend im Schlosse zu Braun-
fchweig Einkehr halten werde. Der Magistrat sprach die
Erwartung aus, daß die Bürgerschaft den hohen Gast des
Herzoghauses würdig empfange und ihm bei etwaiger
Begegnung in den Straßen diejenige Ehre erweise, die
dem Mitglieds eines verwandten und befreundeten Fürsten¬
hauses gebühre. Ein großer Hansen von Kindern be¬
gleitete den Ausrufer auf feinem Wege durch die Haupt¬
stadt, und jedesmal, wenn er feine Worte mit lauter
Stimme gesprochen, brach ans den jugendlichen Kehlen
ein lautes Hochrufen auf die Königin und den Herzog
hervor, in welches auch die Alten einstimmten. In den
Straßen begann nun alsbald ein reges Leben. Die
Bürgersteige wurden gesäubert, und hie und da flatterte
aus dem Giebelfenster bereits eine Maugelbe oder auch
wohl eine schwarzweiße Fahne hervor. Die Wirtshäuser
leerten sich früher als gewöhnlich, weil jeder heimeilte,
um zu Hanse mit Hand anlegen zu helfen zu einer not-