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von Geburt an schwächlich, der vierte dagegen, Friedrich
Wilhelm, geboren am 9. Oktober 1771, wuchs zur Freude
der Eltern kräftig heran. Doch da vor ihm noch drei
ältere Brüder waren, so hatte er scheinbar gar keine
Aussicht, jemals den Thron seiner Väter zu besteigen, und
so glaubte man auch, auf seine geistige Ausbildung nicht
viel Mühe verwenden zu brauchen. Der Hofmeister, den
der strenge Vater ihm gab, ein Herr von Ditsnrth, war
ein brutaler, jähzorniger Mann; sein Lehrer, ein gewisser
Jokordi, war dem Trunke ergeben, und in seiner Trunken¬
heit mißhandelte er oft genug den jungen Prinzen, sogar
des Nachts im Bette. Auf diese Weise wurde Friedrich
Wilhelm schändlich um seine Kindheit betrogen, und auch,
als der nichtswürdige Jokardi endlich vom Hofe entfernt
war, konnten die neuen Lehrer des Prinzen, zwei junge
Braunschweiger, Berkhan und Pockels, nur wenig dem
eigenwilligen Ditfurth gegenüber ausrichten. Nur not¬
dürftig wurde er in den Wissenschaften unterrichtet; man
glaubte genug gethan zu haben, wenn man ihm Reiten,
Fechten und Exerzieren lehrte, denn die Absicht des Herzogs
war, seinen Sohn ebenfalls als Offizier bei der preußischen
Armee eintreten zu lassen.
Prinz Friedrich Wilhelm war erst fünfzehn Jahr alt,
als er in das in Braunschweig liegende Regiment des
Generals von Riedesel als Stabskapitam eintrat. Mit
diesem Regimente machte er auch den Feldzug gegen die
französische Republik mit, wo er sich so sehr auszeichnete,
daß ihm vom Könige Friedrich Wilhelm von Preußen
die höchste Auszeichnung, der schwarze Adlerorden, verliehen
wurde. Nach dem Baseler Frieden kehrte er nicht wieder
nach Braunschweig zurück, sondern er wurde als Oberst
nach einem Regimente in Halle a. d. Saale versetzt.
Hier suchte sich nun der junge, kaum vierundzwanzigjährige
Oberst für seine freudlose Kindheit dadurch zu entschädigen,
daß er sich in einen Strudel von Vergnügungen stürzte.
Ju der Wahl seiner Freunde war er leider nicht glücklich;
die Vergnügungen arteten bald aus in tolle Ausschweifungen,
dazu kamen ärgerliche Reibereien mit den Studenten, und