21. Einführung des Christenthums bei den Germanen. 99
seine Gattin Clotilde zugeführt worden (s. S. 89) so wie nachmals die aus
seinem Stamme entsprossene Bertha, die Tochter Charibert's L, die erste
Kunve von dem Erlösungswerke Christi zu den Angelsachsen brachte.
Bertha wurde an König Aethelbert von Kent unter der Bedingung verhei-
rathet, daß man ihr die freie Ausübung der christlichen Religion gestatte.
Auf diese Weise wurde durch die fränkische Königstochter die Bekehrung ihres
Gemahls und seines Volkes vorbereitet, welche im I. 591 durch den von
Papst Gregor dem Großen abgesendeten heil. Augustinus wirklich vollendet
ward. Von Kent aus verbreitete sich das Christenthum, zum Theil auch
durch die Vermittlung von Verheirathungen der königlichen Töchter an die
heidnischen Stammesoberhäupter, nach den übrigen angelsächsischen Reichen hin.
Es ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen in der Geschichte des
Christenthums, daß die segensreiche Missionsthätigkeit nicht von der
ewigen Stadt, der Metropole der christlichen Welt, ihren Ausgang nahm,
sondern von dem fernen, einsamen, Jahrhunderte lang nicht beachteten Irland.
Dieses war der weltbeherrschenden Roma nie Unterthan, in seiner Abgeschlossen¬
heit verschont geblieben von den Stürmen der Völkerwanderung wie von dem
allgemeinen Sittenverderbniß des Römerreiches. Damals, wo ganz Europa
mehr und mehr in Barbarei zu versinken drohte, bildete Erin's grünes
Eiland gleichsam das Asyl, in welches die christliche Cultur sich flüchtete, um
in besseren Tagen von diesem neuen Nazareth ihre belebenden Strahlen über
Germanien und die nordwestlichen Länder unseres Erdtheiles auszugießen.
Die noch heute den Iren eigene Wanderlust war einer der vornehmsten
Anlässe ihrer eifrigen und anhaltenden Missionsthätigkeit. Gegen Ausgang
des 6. Jahrhunderts schiffte sich der H. Columban mit 12 gleichgesinnten
Freunden — der gewöhnlichen Begleiterzahl aller irischen Glaubensboten,
nach dem Vorbilde der Apostel — nach Frankreich ein, wurde aber auf
Veranlassung der Königin Brunhilde durch deren Enkel (Theoderich II.), den
er von seinem wüsten Sündenleben abzubringen suchte, aus dem Lande
verjagt (610) und begann nun sein Bekehrungswerk bei den Alemannen
am Züricher- und Boden-See. Auch hier des Landes verwiesen, wandte er
sich nach Italien, wo er 615 starb. Sein erkrankter Gefährte Gallus blieb
in Helvetien zurück und erbaute sich eine Zelle, aus welcher er noch bei
seinen Lebzeiten das nachmals durch seine Schule so berühmte, nach ihm
benannte Kloster St. Gallen entstehen sah. Auch der H. Kilian, aus einem
edlen irischen Hause, hatte mit 11 Genossen die Heimat verlassen und drang bis
in das Herz Deutschlands, bis in die Maingegenden vor, wo er (689) mit allen
seinen Gefährten den Martyrertod fand auf Veranlassung der Herzogin von Thü¬
ringen (Gelaina), welche vom Herzoge (Gozbart), weil sie zugleich dessen Gattin und
Schwägerin war, auf den Rath Kilian's verstoßen worden. Von glücklicheren und
dauernden Erfolgen war die gleichzeitige Missionsthätigkeit des h. Rupert
unter den Baiern begleitet, ohne Zweifel, weil die damals schon gelungene