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191. Des Knaben Berglied.
1. Ich bin vom Berg der sirlenlaan
Seh' auf die Schlösser all herab.
Die Sonne strahlt am ersten hier,
Am längsten weilet sie bei mir.
Ich bin der Knab' vom Berge.
2. Hier ist des Stromes Mutterhaus,
Ich trink ihn frisch vom Stein heraus;
Er braust vom Fels in wildem Lauf,
Ich fang' ihn mit den Armen auf.
Ich bin der Knab' vom Berge.
3. Der Berg der ist mein Eigentum,
Da ziehn die Stürme ringsherum,
Und heulen sie von Nord und Süd,
So überschallt sie doch mein Lied.
Ich bin der Knab' vom Berge.
4. Sind Blitz und Donner unter mir,
So steh' ich hoch im Blauen hier;
Ich kenne sie und rufe zu:
Laßt meines Vaters Haus in Ruh!⸗
Ich bin der Knab' vom Berge!
5. Und wenn die Sturmglock' einst erschallt,
Manch Feuer auf den Bergen wallt,
Dann steig' ich nieder, tret ins Glied
Und n mein Schwert und sing mein Lied.
Ich bin der Knab' vom Berge! uhland
192. Der silberne Tannenzapfen.
Im Harzgebirge, bei dem Städtlein Grund, steht ein hoher
Felsen, der haßt der Hübichenstein. Vor alten Zeiten, so sagen
die Leute, hat sich hier öfters der Gübich sehen lassen. Nämlich
lief unter dem Felsen hatten die Zwerge ihre Wohnung, und der
Gubich war ihr König. Er war rauh von Haar, wie ein Bär,
und zwergklein aber er reckte sich zu einem schrecklichen Riesen aus,
wenn jemand seinen Hübichenstein bestieg, denn das konnte er nicht
lelden Sonst war er so böse nicht, und hat manchen Armen reich
ind manchen Kranken gesund gemacht. Jetzt aber läßt er sich auf
der Oberwelt nicht mehr sehen.
Vor langen, langen Jahren da wohnte in Grund ein Berg
mann, der hate in der Schenke in seiner Stube einen Tannenzapfen