fullscreen: Lesebuch zur Geschichte Bayerns

45. Der Bucintoro auf dem Starnberger See. 
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und bemalten großen Rudern arbeiteten paarweise, in die bayerischen National¬ 
farben gekleidet, 68 Mann, an den kleineren 32 Mann. Acht Mann waren zum 
Anker, der am Vorderteile des Schiffes herabhing, und zwei Mann zum Aus¬ 
pumpen bestimmt; somit hatten im untersten Verdecke 110 Arbeiter ihre Stelle. 
Überhaupt waren oft bei 500 Personen auf dem Schiffe. Dennoch erreichte 
dessen Senkung unter den Wasserspiegel niemals ganz die Tiefe von drei Schuh 
und es blieb daher immer gefährlich, bei heftigem Wind zu fahren oder sich 
der Segel zu bedienen. 
Es begreift sich, daß bei so reicher Ausschmückung der Bucintoro einer¬ 
seits als ein Wunderwerk gepriesen wurde, anderseits aber auch die Herstellungs¬ 
kosten desselben nicht geringe gewesen sind. Sie mögen sich auf die Summe 
von etwa 20000 Gulden belaufen haben. 
Wenn der Bucintoro „in See stach", war er immer von einer Anzahl 
anderer Schiffe umgeben, welche zum Teil nach der äußereu Farbe benannt 
waren und zusammen mit dem prächtigen Bucintoro, angefüllt mit einer heiteren, 
festlich gekleideten Menge, einen überaus malerischen, entzückenden Anblick 
gewährt haben müssen. 
Die Geschichte des Bucintoro auf dem Starnberger See ist wesentlich 
eine Geschichte der Festlichkeiten, die mit demselben und auf demselben gefeiert 
wurden, sei es daß fremde Gäste zum Besuche des bayerischen Hofes kamen, 
wie z. B. 1671 der Erzbischof Maximilian Gandolf von Salzburg, oder aus 
besonderen Anlässen, wie im Jahre 1722 gelegentlich der Vermählung des 
Kurprinzen Karl Albrecht mit der österreichischen Kaisertochter Maria Amalia. 
Eine der häufigsten und beliebtesten Festivitäten war eine Hirsch-Seejcigd, wie 
eine solche aus einem Gemälde im neuen Nationalmuseum zu München zu 
sehen ist. Man jagte den Hirsch durch eine Waldeslücke an den Ufern in den 
See, ihm nach stürzten unzählige Jagdhunde; alle Fahrzeuge eilten dem schwim¬ 
menden Hirsch nach, umzingelten das geängstigt? Tier, dessen Leben endlich 
ein Stoß mit einer gewichtigen Partisane inmitten des Sees endigte. 
Kurfürst Marl Albrecht war der letzte Herrscher Bayerns, der sich aus 
dem Bucintoro vergnügte. Im Jahre 1741 oder 1745 mußte das Pracht- 
schiff ans Land gebracht werden, weil es schadhaft geworden war und der 
Ausbesserung bedurfte. Da aber die Kosten hierfür nicht unerhebliche gewesen 
wären, nahm man von einer solchen Abstand. In den Jahren 1753 und 
1757 wurde der Gedanke einer völligen Wiederherstellung oder Neuerrichtung 
de* Bucintoro mehrmals erwogen, aber schließlich ebenfalls wegen der Hohe 
der hierzu nötigen Summe ausgegeben, vielmehr (12. Januar 1758) beschlossen 
den Bucintoro ganz abzubrechen, was dann auch alsbald ausgeführt wurde. 
Von dem ganzen Prachtbau ist heutigentags nichts mehr vorhanden als die 
oben ermähnte fetatue der Pallas, welche das bayerische Nationalmuseum 
1862 als Geschenk erhielt, und ein paar Laternen, die sich im Privatbesitze 
befinden.
	        
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