Das Zwischenreich. 57 
Sizilien. — Da erscholl die Kunde von dem Fall Jerusalems. Diese Nachricht fachte den 
gesunkenen Glaubenseifer von neuem an. Friedrich entschloß sich zu einem Kreuzzuge. 
Weder die Beschwerden des Zuges durch unfruchtbare Gegenden, noch die Not und 
Leiden des Heeres vermochten feine Kraft zu lähmen. Als er aber mit seinem Pferde 
über den reißenden Saleph setzen wollte, wurde er von den Wellen fortgerissen. In 
Antiochia wurde er beigesetzt. In Deutschland wollte man nicht an den Tod des 
Helden glauben, den man kurz vorher noch in seiner Herrlichkeit gesehen hatte. Die 
Sage versetzte ihn deshalb in den Kyffhüufer, wv er im Halbschlummer wartet auf 
des Reiches Erneuerung. 
Barbarosias Nachfolger waren gewaltige Regenten, aber sie verbrauchten ihre beste 
Kraft im Kampfe mit der welfifchen Partei und deren Verbündeten, den Päpsten und lom¬ 
bardischen Städten. Heinrich VI. hatte mit dem aus der Verbannung zurückgekehrten 
Heinrich dem Löwen zu kämpfen und kam erst nach zwei Kriegszügen in den Besitz des 
Erbes seiner Gemahlin. Als er bereits in seinem 32. Lebensjahre starb, wählte die 
hohenstausische Partei seinen Bruder Philipp von Schwaben zum Kaiser, während 
die Welfen Otto IV., den Sohn Heinrichs des Löwen, auf den Schild hoben. Zehn 
Jahre dauerte der Bürgerkrieg, da wurde Philipp von Schwaben von Otto von Wittels¬ 
bach wegen einer persönlichen Beleidigung ermordet. Otto IV. heiratete die Tochter 
seines Gegners und wurde nun fast allgemein als Kaiser anerkannt. Da aber auch Otto 
nicht allen Wünschen des Papstes sich fügen wollte, wurde er in den Bann gethan und 
Heinrichs VI. löjähriger Sohn Friedrich II. (1215—1250) zum Kaiser ausgerufen. 
Unter ihm entbrannte der Kampf zwischen Hohenstaufen und Welfen am furchtbarsten. 
Obgleich mit dem Kirchenbann belegt, unternahm er den fünften Kreuzzug. Er ge¬ 
wann die heiligen Orte durch Vertrag und setzte sich selbst die Krone des Königreichs 
Jerusalem aufs Haupt. Sein Sohn Konrad IV. starb nach vierjähriger Regierung 
und hinterließ einen unmündigen Sohn, Konradin. Dieser letzte Sproß des herrlichen 
Geschlechts zog, als er herangewachsen war, nach Italien, um sein mütterliches Erbe, 
Neapel und Sizilien, zurückzuerobern. Der Papst Jnnocenz hatte es nämlich einem 
Franzosen, Karl von Anjou, geschenkt. Konradin wurde besiegt und mit feinem Freunde 
Friedrich von Österreich 1268 in Neapel enthauptet. 
18. Pas Zwischmrcich (1254 —1273). 
Zustände im Reich. Seit dem Ausgang der Hohenstaufen begann der Zerfall 
des deutschen Reiches. Es galt weder Gesetz noch Recht im Lande. Der Starke siel 
über den Schwachen her, nahm ihm Hab und Gut, ja selbst das Leben. Niemand 
war vorhanden, der den Schwachen hätte schützen, den Übelthäter strafen können. Jeder 
war ans sich selbst angewiesen und seine eigene Faust. Kein deutscher Fürst ließ 
sich bereit finden, die Krone anzunehmen. Da lenkte der Erzbischof von Köln die 
Wahl auf den reichen Richard von Cornwallis, den Bruder des Königs von 
England, während der Erzbischof von Trier mit feinem Anhang sich für Alfons 
von Kastilien, einen Verwandten des hohenftaufifchen Kaiserhauses entschied. Der 
erstere fuhr etliche Mal mit Schätzen beladen den Rhein hinaus, um die Habsucht 
feiner Wähler zu befriedigen. Der andere kam nie in das Land, zu dessen Regierung 
er berufen war. Herrschsüchtige weltliche und geistliche Fürsten benutzten diese Zeit der 
Auslösung, um ihre Besitzungen zu erweitern und sich Reichslehen, Zölle und andere 
Rechte anzueignen. Was diese im großen trieben, übten ihre Vasallen im kleinen. 
Entartung des Rittertums. Bei dem Rittertum schwand die höfische Sitte 
immer mehr, und die Geliidbe, die sie früher zum Schutze der Armen, der Witwen 
und Waisen verpflichtet hatten, kamen in Vergessenheit. Von ihren Burgen, die sie 
an den Usern schiffbarer Flüsse oder längs belebter Heerstraßen anlegten, betrieben sie 
ein wildes Räuber leben. Sie plünderten die Güterwagen der Kaufleute und schleppten 
Reisende in ihre Burgverließe, um von ihnen ein schweres Lösegeld zu erpressen. 
Hinter ihren Mauern trotzten sie den machtlosen Gerichten. Namentlich wurde die 
Rheinfchiffahrt empfindlich belästigt durch die Unmasse von Zöllen, welche feine An¬ 
wohner erhoben, oder durch das aufgedrungene Geleit, das oft noch kostspieliger 
war. Am leidensvollsten gestaltete sich in dieser Zeit des Faustrechts das Los des 
Bauernstandes. In den Fehden der ritterlichen Gutsherren wurden nicht selten Höfe
	        
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