Die ersten Könige von Preußen. 83 
mit vereinten Kräften solchen Übermut zu strafen, schloß das Reich mit dem Despoten 
— einen zwanzigjährigen Waffenstillstand. 
Tie Türken uor Wien. Vielleicht hätte Kaiser Leopold I. sich dennoch er¬ 
mannt, den französischen Rechtsverletzungen mit Waffengewalt entgegenzutreten, aber 
Ludwig XIV. hetzte ihm die Türken anf den Hals. Mit 200 000 Mann rückte der 
Großvezier Kam Mustafa sengend uud brennend vor die Mauern Wiens. Der kaiser¬ 
liche Hof flüchtete nach Linz. Aber der Heldenmut der Bürger Wiens und die Um¬ 
sicht und Entschlossenheit des Befehlshabers Rüdiger von Starhemberg bewirkten, 
daß die Stadt 60 Tage lang allen Stürmen Trotz bot, bis die von Karl von 
Lothringen befehligte Reichsarmee und ein mit dieser vereinigtes Heer unter dem 
Polenkönig Johann Sobiesky zu Hilfe kam. In einer blutigen Schlacht unter 
den Mauern Wiens wurden die Türken geschlagen (1683). Sie zogen eilig ab und 
ließen ihre Zelte mit unermeßlicher Beute in den Händen der Sieger. Die Türken 
erhoben einen anderen Sultan auf den Thron und wagten neue Züge nach Öster¬ 
reich. Aber Karl von Lothringen, Prinz Eugen von Savoyen und Ludwig vou 
Baden hielten den Sieg bei den österreichischen Fahnen fest. 
Verwüstung der Pfal;. Kurfürst Karl von der Psalz war kinderlos ver¬ 
storben. Ludwig XIV. erhob Ansprüche siir seinen Bruder, den Herzog von Orleans, 
der mit einer pfälzischen Prinzessin verheiratet war. Sengend und brennend sielen 
französische Heere in die Pfalz ein. Heidelberg, Mannheim, Speier, Worms, Oppen¬ 
heim und Hunderte von Dörfern wurden niedergebrannt und das Land zur Wüste 
gemacht. In Speier wurden selbst die Gräber der daselbst ruhenden Kaiser nicht 
geschont, die Kostbarkeiten geraubt und die Leichen in den Kirchen spottend umher- 
geworfen. Neun Jahre dauerte der Krieg am Rhein und in den Niederlanden, bis 
endlich der Friede von Ryswik (reisweik), von dem Volke der Friede von „Reißweg" 
genannt, dem Blutvergießen ein Ende machte. Die Pfalz wurde zwar an die rechtmäßigen 
Erben zurückgegeben, aber Straßburg und das Elsaß blieben im Besitze Frankreichs. 
Noch einen vierten Krieg führte Ludwig XIV. gegen Kaiser Leopold und feinen Nach¬ 
folger Joseph I. wegen der Erbfolge in Spanien. Erst unter Leopolds Enkel Karl VI. 
wurde der Krieg durch den Frieden von Utrecht — das Volk sagte von „Unrecht" — 
(1713) beendet. Zwei Jahre später starb Ludwig XIV. Er hatte Frankreich als ein 
reiches Land übernommen, gänzlich verarmt und mit ungeheuren Schulden belastet 
überließ er es seinem Nachfolger Ludwig XV. 
32. Die ersten Könige von Urenßen. 
Friedrich I. (1688—1713). Der „große Kurfürst" hinterließ seinem Sohn 
ein Land von 2000 Q.-M., einen wohlgesüllten Staatsschatz und ein schlagfertiges 
Heer. Zur königlichen Macht fehlte nur der Titel. Als zu jener Zeit ein Prinz 
von Omnien den englischen Thron bestiegen hatte und der Kurfürst von Sachsen 
zum König von Polen gewählt worden war, da strebte auch der mächtige Kurfürst 
von Brandenburg nach der Königskrone. Der kaiserliche Hos in Wien jedoch zeigte 
sich in dieser Frage wenig entgegenkommend. Das Herzogtum Preußen lag außer¬ 
halb der deutschen Grenzen. Man mochte deshalb befürchten, der König von Preußen 
sei weniger fügsam als der Kurfürst von Brandenburg. Der bmndenburgische Unter¬ 
händler sparte weder Geld noch Überredung, aber alles schien umsonst. Da trat ein 
Ereignis ein, was mit einem Schlag die ganze Lage änderte. Der König von Spanien, 
Karl II., starb kinderlos. Auf Drängen Ludwigs XIV. von Frankreich hatte er 
dessen Enkel Philipp von Anjou zu seinem Erben und Nachfolger eingesetzt, obgleich 
Österreich nähere Ansprüche hatte. Es stand deshalb ein Krieg in Aussicht, in wel¬ 
chem Österreich die Hilfe des Kurfürsten von Brandenburg nicht entbehren konnte. 
So wurde ihm denn gestattet, den Titel „König in Preußen" anzunehmen. Als 
Gegenleistung wurde verlangt, daß der neue König auf die Hilfsgelder verzichte, die 
er von dem Kaiser noch zu fordern hatte, und in dem bevorstehenden Kriege 10000 Mann 
für den Kaiser ins Feld stelle. Die Krönung fand am 18. Januar 1701 in
	        
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