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abgebrannt. Der nahm, wie eine Elster, alles, was ihm
anstandig war, heimlich hinweg, ob er gleich wusste, dass
es eine Sunde ist. Dinmal stahl er ein paar Stuckehen
ungelöschten Kalk und versteckte sie unter seinem Brust-
latze. Gleieh darauf begegnete ihm ein Kamerad, der awei
Pferde in die Sehwemme ritt. Schnell sass unser Diebsjunge
oben auf dem Pferde. Nun ging's im vollen Jagen nach
der Sehwemme. Mtten im Wasser aber fiel's dem Pferde
ein, sich zu legen, und Spitzbübehen fiel herunter. Weil
er sehwimmen konnte, so sehwamm er eine gute Strecke
fort. Auf einmal fing er an jammerlieh zu sehreien: „Leltft,
helft, ich verbrenne!“ Aber die Leute, die ihn sehwimmen
sahen, meinten, er täusche sie, dieweil ja Kaltes Wasser
nicht brenne. Der Junge sank ein paarmal unter und kam
ein paarmal wieder herauf, einmal mit dem Kopfe, das
andere Mal mit den Beinen, das dritte Mal ganz, aber tot.
Kind, was nicht dein ist, rühr' nie an, denn es brennt
— zum wenigsten auf dem Gewissen. Wetzel's Loaehuol.
32. Jocn, seh das Käppli ab!
„Jockli, zieh' das Käppli ab!“ sagte allemal eine Mutter
zu ihrem kleinen Sohne Jakob, wenn ein Fremder durchs
Dorf ging. Und Jockli nahm das Käppli ab und gewöhnte sich,
gegen jedermann immer höflich, freundlich und dienstfertig zu
sein. Die andern Bauern waren aber grob, und die Jungen
waren wie die Alten. Das war nicht fein.
Höflichkeit ist eine leichte Waare; sie kostet uns nichts und
macht uns alle Menschen zu Freunden. Grobe Leute liebt nie—
mand, und man pflegt sie Flegel zu nennen. Freundliches
Wesen und Dienstfertigkeit ist der Schlüssel zum Herzen aller
Menschen. Wenn ein fremder Herr ins Dorf kam, war Jockli
immer der erste, welcher freundlich grüßte. Die anderen Kna—
ben standen indessen da und gafften und konnten die Mütze
oder den Hut nicht vom Kopfe bringen, als wären sie ange—
picht. Es geschah wohl auch zuweilen, daß ein Fremder nach
dem Wege fragte. Da war Jockli gleich bei der Hand, ant—