Full text: Handbuch der Geschichte der Lande Hannover und Braunschweig

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Hessen, von dem die Grafen von Plesse nur wenige und geringe 
Lehnstücke besaßen, benutzte die Abwesenheit Erichs, und zog die 
ganze Grafschaft ein, die somit lange für ihren rechtmäßigen Herrn 
verloren blieb. 
Mit seiner Gemahlin Sidonie von Sachsen begann Erich 
einen scandalösen Proceß. Er beschuldigte sie des Versuchs, ihn 
zu vergiften, sogar der Hererei und Zauberei, so daß die unglück¬ 
liche Frau, nachdem sie sich von allen diesen Anklagen durch den Eid ge¬ 
reinigt hatte, sich doch ihres Lebens nicht sicher glaubte, sondern 
zu ihrem Bruder, dem Churfürsten von Sachsen, floh, wo sie 1575 
starb. Ihr Gemahl heirathete zum zweitenmale bald darauf eine 
lothringische Prinzessin, Dorothea. 
Nur 1583, beim Aussterben der Grafen von Hoya, erlangte 
er, neben seinen lünebnrgischen Vettern, (vid. §27.) einen Th eil dieser 
Erbschaft, nämlich mit Wolsenbüttel gemeinschaftlich die obere Graf¬ 
schaft Hoya, mit den Aemtern Stolzenau, Steierberg, Ehrenburg, 
Syke, Siedenburg, Diepenau und Barenburg, — der einzige glück¬ 
liche Umstand seiner Negierung. 
Ein Versuch, mit seiner neuen Gemahlin in Münden zu leben, 
ward bald ausgegeben. Im Jahr 1583 zogen beide nach Pavia, 
wo Erich am 8. November 1584, ohne eheliche männliche Erben 
zu hinterlassen, endlich die Ruhe von einem ruhelosen Leben fand, 
und somit die von seinem Vater begründete Linie Calenberg schon 
wieder schloß. Ein kurzer Rückblick ans die Folgen seiner Negie¬ 
rung zeigt allenthalben das verfehlte Dasein unseres Fürsten. 
Fremdes, nicht eigenes Fleisch und Blut, erbt die schonen herren¬ 
losen Lande; aber der Erbe, Herzog Julius von Wolsenbüttel, 
nimmt zwar diese, will jedoch mit der Privat-Erbschaft Erich II. 
nichts zu thun haben, denn Alles ist verschuldet, bis zum Belauf 
von fast 1 Million Thalern! Auch im Innern hat während der 
ewigen Abwesenheiten, und wegen der Feindschaften Erichs mit 
den eigenen Unterthanen nicht viel geschehen können. Während 
nach dem Neligionsfriede», bei Ruhe im Innern, sich allenthalben 
in Deutschland ßuitur und Wohlstand hoben, bemerkte man im 
Calenbergischen wenig davon. Der Rechtsznstand war scklecht. Die 
Doktoren des römischen Rechts bei den neuen Gerichten dachten 
nicht daran, bcni einheimischen nationalen Recht auch seine Stelle 
zu gönnen, alles sollte ans römische Formeln und Begriffe rebucirt 
werden. Allenthalben führte die Halsordnung Carl V. einen
	        
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