Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

2 
83 
283 
rote Kreuz im Winde flattert, da ist mitten im Kriege des Friedens 
Stätte. Hier ist neutraler Boden, hier ist kein Feind zu suchen. 
und Pflegende stehen mit Eigentum und Leben unter seinem 
chutze. 
Unsere Zeit darf sich gottlob früheren Jahrhunderten gegenüber 
mancher Fortschritte auf dem Wege der Menschlichkeit rühmen; trotz 
aller ihrer Gebrechen steht sie in wahrer Humanität und werktätiger 
Frömmigkeit der so oft gerühmten „guten alten Zeit“ weit voran. 
Diesen Sieg aber, den der Geist brüderlicher Liebe im Jahre 1864 
mit dem Abschluß der sogenannten Genfer Konvention errungen hat, 
darf sie sich mit Recht zu hoher Ehre anrechnen. Mögen die Schrecken 
des Krieges nun in Europa toben, wo es auch sei, der kranke Soldat, 
sein Pfleger und sein Arzt ist für den Feind kein Gegenstand der 
Bekämpfung. Das rote Kreuz ist ihr Schutz. 
Viel, sehr viel ist damit für die Pflege der Verwundeten im 
Kriege erreicht, aber es wäre im Grunde doch nur wenig, wenn unter 
jenem Kreuze sich nicht zugleich auch diejenigen scharen würden, für 
die der Soldat in den schweren Kampf hinauszieht. 
Zu allen Zeiten hat sich die nicht kämpfende Bevölkerung in der 
Heimat des Kriegers und namentlich des Verwundeten angenommen, 
so gut es ging Aber einer solch allgemeinen Teilnahme an seinem 
Wohle, eines solch rastlosen Sorgens für diejenigen Bedürfnisse, deren 
Befriedigung der Soldat nicht füglich von der Heeresverwaltung er— 
warten konnte, wie sie sich im letzten Kriege in Stadt und Dorf bei 
uns gezeigt hat, können sich frühere Zeiten nicht rühmen. Mögen die 
Herzen auch zu allen Opfern bereit gewesen sein, so fehlte es jedenfalls 
an einem geordneten Zusammenwirken der willigen Kräfte, das allein 
einen erfreulichen Erfolg gewährt. Das rote Kreuz aber hat die ein— 
zelnen Bächlein aufopfernder Liebe gesammelt und zu einem stattlichen 
Strom zu vereinigen gewußt. Allerdings ist manches Tröpflein nutzlos 
im Sande verdunstet allerdings ist für etwa, was der Allmächtige 
verhüten wolle, später kommende Kriege hierin noch sehr viel zu ver⸗ 
bessern. Aber gleichwohl hat das stille Heer in der Heimat, mit dem 
Näh⸗ und Strickzeug oder mit dem Arzneifläschchen in der Hand, im 
gewöhnlichen Bürgerkleide wie im ernsten Ordensgewande, am Schmer⸗ 
zens⸗ und Sterbelager des Verwundeten wie an dem zur Erquickung 
der durchziehenden Mannschaften bestimmten Kredenztisch, manch auf— 
richtiges Vergelt's Gott“ verdient und erhalten. Die Opferwilligkeit, 
von vielen hohen Häuptern des Vaterlandes aufs schönste geübt und 
ermuntert, durchdrang alle Stände und öffnete selbst die Hände derer, 
die ihr Brot unter Mühe und Anstrengung im herben Schweiße ihres 
Angesichts verdienen mußten. Als nach der Schlacht von Wörth ein 
allerdings kaum gerechtfertigter Notschrei die nahen Bewohner des 
rechten Rheinufers zur schleunigsten Sendung von Lebensmitteln in 
die angeblich von allem Notwendigen entblößte Gegend des Kriegs
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.