Full text: Lebensbilder und Sagen (Teil 1)

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und Charlottenburg standen ihr zwei Söhne, unser Kaiser und Prinz 
Heinrich, tröstend zur Seite, zwei andere waren ihr in jugendlichem 
Alter entrissen. Die älteste Tochter, Charlotte, ist die Erbprinzessin 
von Meiningen. 
5. Kai Irr Wilhelm I. 
(Prinz Wilhelms Kindheit.) Wilhelm war der zweite Sohn 
des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, des späteren Königs Friedrich 
Wilhelm III., und der Prinzessin Luise vou Mecklenburg-Strelitz. Er 
wurde am 22. Marz 1797 im Krouprinzlichen Palais zu Berlin ge¬ 
boren. Schon früh begann für ihn und seinen älteren Bruder der 
Unterricht: sie lernten nicht nur Lesen und Schreiben, sondern auch 
Exerzieren und Gewehr und Degen handhaben. Die Kindheit der 
Prinzen siel in eine traurige Zeit: der französische Kaiser Napoleou 
hatte den Köuig von Preußen zum Kriege gezwungen und ihn in zwei 
Schlachten, bei Jena uud bei Auerstädt, besiegt. Da auch Berlin von 
Franzosen besetzt wnrde, so waren die königlichen Kinder nach Schwedt 
an der Oder in Sicherheit gebracht worden; von hier holte sie ihre 
Mutter ab und begleitete sie nach Stettin. Wie der König und die 
Königin begaben sie sich dann nach dem östlichen Teile des König¬ 
reichs uud lebten teils in Königsberg, teils in Memel. Hier genossen 
sie keinen regelmäßigen Unterricht, aber sie erfreuten sich trotz des Un¬ 
glücks, das über ihre Familie und über ihr Vaterland gekommen war, 
einer heiteren Jugend. Kindliche Spiele verkürzten ihnen die Zeit: 
sie schlugen Ball, pflückten Blumen, wanden Kränze. Am 1. Januar 
1807 trat Prinz Wilhelm als Offizier in das Heer ein. Es geschah 
dies ohne jede Festlichkeit, denn es ging gar einfach und sparsam in 
dem kleinen Hofhalt zu. Aber diese Einfachheit und Sparsamkeit, das 
bürgerliche Leben, der Verzicht auf alle Ansprüche prägten sich dem 
jungen Prinzen tief ein und blieben ihm bis ins hohe Alter eigen. 
An seinem elften Geburtstag schrieb die Königin an ihren Vater: 
„Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles trügt, wie sein 
Vater, einfach, bieder und verständig. Auch in seinem Äußern hat er 
die meiste Ähnlichkeit mit ihm." 
(Prinz Wilhelms Jünglingsalter.) Zwei Jahre später traf 
den Prinzen ein harter Schlag. Der Hos war nach Berlin zurückgekehrt, 
aber die Königin hatte in der Unglückszeit zu viel gelitten. Im Jahre 
1810 erkrankte sie auf dem Schlosse Hohenzieritz in Mecklenburg, wo 
sie sich zum Besuch ihres Vaters aufhielt. Der König eilte mit den 
beiden ältesten Prinzen zu ihr; sie kamen zeitig genug, um bei ihrem
	        
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