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trieb. Attila brach im nächsten Jahre in Italien ein, kehrte aber nach der
Verwüstung der Poebenex) plötzlich um; bald darauf starb er (453). Mit ihm
sank das Hunnenreich dahin; die unterworfenen (oft-) germanischen Völker, wie
die Ostgoten, vernichteten 454 die hunnische Macht in einer großen Schlacht
und erlangten dadurch ihre Freiheit wieder. —
Bald nach Attilas Tode fiel, vom Kaiser selbst (Valentinian III.2)) er¬
mordet, Aetius, der letzte der großen Feldherren Roms, der das sinkende Reich
30 Jahre lang kräftig aufrecht erhalten hatte; von jetzt an ging dies einem
ruhmlosen Untergange entgegen; von 456—472 lag die Macht in den Händen
des Rikimer, des Führers germanischer Soldtruppen, der das Kaisertum an
feine Günstlinge vergab. 475 übernahm Orestes die Führung der germanischen
Truppen; er rief feinen Sohn Romulus Auguftus (fpottweife Augustulus
gen.) zum Kaiser des Abendlandes aus, verlor aber schon im nächsten Jahre durch
einen Aufstand der Söldner feine Stellung und fein Leben. Die Germanen (oft-
germanische Scharen) erhoben ihren Führer Odowakar zum Könige; dieser ent¬
thronte 476 Romulus Augustulus und errichtete in Italien ein Germanen-
reich. Seiner Herrfchaft machten freilich bald die Ostgoten ein Ende.
d) Die Wanderung derOstgoten nach Italien. Die Ostgoten
hatten nach der Vernichtung des Hunnenreichs (454) Pannonien in Besitz
genommen, waren aber von dort 474 nach Mösien gewandert. Von hier führte
sie ihr König Theoderich aus dem alten Königsgefchlechte der Amaler 488
nach Italien und besiegte Odowakar entscheidend bei Verona (489), doch ergab
sich dieser erst 493 in Ravenna, wohin er sich zurückgezogen hatte. Odowakar
erhielt die Sicherheit des Lebens zugestanden, ward aber bald darauf von
Theoderich bei einem Mahle mit eigener Hand getötet.
Da 477 die Westgoten Spanien befetzten (toledanifches Reich),
ferner die fogen. Angelsachsen im Laufe des 5. Jahrh. Britannien eroberten,
und (neben den Westgoten) Alamannen, Franken und Burgunder Gallien inne
hatten (vgl. Mittelalter S. 26), so waren Ende des 5. Jahrh. die gesamten
Länder des weströmischen Kaisertums in den Händen germanischer
Könige. —
Das oströmische Reich.
Ostrom gab seine Ansprüche auf die Länder des weströmischen Reiches
nicht auf, ja durch die Eroberung des wandalifchen Afrika und des osmotischen
Italien (vgl. Mittelalter S. 31) fetzte sich Kaiser Justinian (527—565)
in den Augen der Zeitgenossen gleichsam in ein altes Recht ein; er gab durch
diese Erwerbungen dem oströmischen Reich nach außen noch einmal einen un-
gewöhnlichen Glanz; aber auf die Dauer konnte dies die Eroberungen nicht
behaupten, vielmehr kämpfte es in den folgenden Jahrhunderten fast nur um
1) In ber Lanbschast Benetia suchten zahlreiche Einwohner auf ben unbewohnten Sanb-
inseln an ber Küste vor Attila Schutz unb legten baburch ben Grnnb zu bem späteren
Venebig. — Pestartige Krankheiten, bie in bem Hunnenheere ausbrachen, unb bte Bedrohung
ber Heimat burch Ostrom bewogen Attila wahrscheinlich zur Umkehr, schwerlich bie Bitten
bes römischen Bischofs, Leos I.
2) Valentinian III. fiel selbst 455 burch Meuchelmord.