10 -
schwerem Joch. König Minos von Kreta hatte nämlich die Athener
gezwungen, ihm alle neun Jahre einen Tribut von vierzehn Jünglingen
und Jungfrauen zu senden, die er einem Ungetüm, das halb Mensch,
halb Stier war, dem Minotauros, vorwarf. Es hauste in einem
Labyrinth, das der erfindungsreiche Dädalos für ihn erbaut hatte.
Theseus erbot sich freiwillig zum Opfer und versprach das Vaterland
von seiner Schmach zu erlösen: gelinge ihm dies, wolle er bei der
Heimkehr ein weißes Segel aufziehen lassen. Auf Kreta gewann er
die Liebe der Königstochter Ariadne. Sie gab ihm ein Knäuel: er
erschlug den Minotauros, der Fadeu leitete ihn aus den Jrrgängen
des Gebäudes glücklich an das Tageslicht. Bei der Heimfahrt aber
gedachte niemand des weißen Segels. Ägeus, der erwartungsvoll
nach seinem Sohne ausschaute, schloß aus dem dunklen Segel, daß
Theseus im Kampse umgekommen, und stürzte sich verzweifelt ins
Meer, das seitdem das Ägäische Meer heißt. Den Theseus aber machte
das dankbare Bolk zum König an seines Vaters Statt.
Die Dorer erzählten gern von Herkules. Er war der Sohn
des Zeus und einer Sterblichen, Alkmene. Darum haßte ihn Here
und schuf ihm ein mühseliges Leben. Als der kleine Knabe einst
schlummerte, legte sie zwei Schlangen in seine Wiege; aber beim Er¬
wachen ergriff sie Herkules und zerdrückte sie ohne Mühe. Später
befahl ihm das Orakel, einen Mord dadurch zu sühnen, daß er sich
auf zwölf Jahre in den Dienst des Königs Eurystheus von Tiryns
begab. In dessen Auftrag vollführte er die zwölf berühmten Arbeiten:
1. erschlug er einen Löwen in dem Nemeischen Walde bei Korinth;
2. hieb er einer Schlange im Lernäischen Sumpfe in Argos die stets
nachwachsenden Häupter ab, bis sein Genosse den Rnmps ausbrannte;
3. fing er einen Eber in Arkadien und trug ihn auf deu Schultern
nach Tiryns; 4. erlegte er in Arkadien viele Vögel, die den Stympha-
lischen See umwohnten; 5. kämpfte er mit den Amazonen, einem wilden
Weibervolke, um das Wehrgehänge ihrer Königin: 6. reinigte er den
Stall des Königs Augias von Elis von dem aufgehäuften Dung,
indem er einen Fluß hindurch leitete; 7. fing er eine der Artemis
heilige Hirschkuh lebendig ein; 8. holte er menschenfressende Rosse aus
Thraeieu, 9. einen rasenden Stier aus Kreta herbei; 10. raubte er
die goldenen Äpfel der Hesperiden, der Töchter der Nacht, die jenseits
des Okeanosftromes in einem herrlichen Garten wohnten; 11. kämpfte
er mit dem Riesen Antäos, dem Sohn der Erde, der bei jeder Be¬
rührung des mütterlichen Bodens neue Kraft erhielt, weshalb ihn
Herkules emporhob nnd erdrückte; 12. holte er aus der Unterwelt den