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Jahren, und der Weimarer Hof macht diese Mode mit: blauer Frack
mit Kragen und Aufschlag, gelbe Weste und Beinkleider.
3. Da das Damenkleid nicht mehr umfangreicher gestaltet werden
konnte, so verfiel man ins Gegenteil: das Untergestell wich, das reich
ausgestattete Unterkleid (jupon) wurde gekürzt und das iu zahlreiche
Falteu fallende Oberkleid — um jenes nicht zu verdecken — ringsum
aufgenommen (Abb. 6). Mit der Thronbesteigung der Marie Antoinette
kam indessen der Reifrock wieder §it Ehren, nahm aber — etwas
Neues — eine ovale Gestalt an, das Oberkleid wurde mit Spitzen,
Guirlanden, runden Wülsten, Schleifen uud Quasten aufgeputzt
(Abb. 7). Im Gegensatz dazu wurde das Leibchen eng getragen, mit
tiefem Halsausschnitt; auch legte man nach englischem Vorbilde über
Hals und Brnft ein großes, shawlartiges Tuch krenzweis und weit-
gebanscht (Abb. 9). Am Hofe waren seidene, gold- und silberdnrch-
wirkte Stoffe, auch Atlas sehr beliebt, teils einfarbig (uni), teils
schillernd (changeant); in bürgerlichen Kreisen, wo man sich begnügte,
an Stelle der erweiterten Unterkleidung das Obergewand zwischen den
Hüften mit einem Aufsatz (postiche) zu versehen (Abb. 8), wählte
man wollene, baumwollene, linnene nnd halbseidene Gewebe. Mit
der Wiederaufnahme des Reifrocks steigerte sich auch die Frisur ins
Ungeheuerliche. Kissen oder Fischbeingestelle trugen die Toupets, die
sich um das drei- oder vierfache der Gesichtslänge erhoben und deren
Gesamtinhalt sich auf die achtfache Große des Kopfes belief; um diese
Kunstbauten aufrecht zu erhalten, mußten gewaltige Mengen duftender
Pommaden verwendet werden. Die Erfindung neuer Touren be¬
schäftigte unaufhörlich die Coiffeurs: Blumengewinde, Perlenschnüre,
Straußen- und Pfauenfedern waren beliebte Bestandteile des Kops¬
putzes (Abb. 8).
6. Die Zeit Friedrich Wilhelms II.
(Friedrich Wilhelm II.) Friedrichs des Großen Nachfolger war
sein Neffe Friedrich Wilhelm II., der Sohn des „Prinzen von
Preußen", August Wilhelm. Er war ein ritterlicher, lebensfroher, den
Freuden des geselligen Berkehrs nur allzu ergebener Herr, der seinen
Ministern viel überließ, um ungestört seinen Neigungen leben zu
können. Wie er selbst von der peinlichen und gewissenhaften Pflicht¬
erfüllung seiner Vorgänger weit entfernt war, bildete auch feilt
glänzender, leichtlebiger Hof den schneidendsten Gegensatz zu dem ein¬
samen Hofhalt des Philosophen von Sanssouci. Vermählt war der
König mit Friederike Luise von Hessen-Darmstadt, einer fein-