Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

— 102 — 
gebildeten Prinzessin, die ihrem Gemahl mit hingebender Treue an¬ 
hing, doch von dem launischen und flatterhaften Manne viele 
Demütigungen zu erleiden hatte. Sie lebte daher gern, vom Hofe 
entfernt, in dem kleinen Schlosse zu Freienwalde a. D., während der 
König im Marmorpalais bei Potsdam seine rauschenden Feste gab. 
Indessen lag auch Friedrich Wilhelm das Glück seiner Unterthanen 
am Herzen: alles atmete auf, als er sofort uach dem Regierungs¬ 
antritt Regie und Monopole aufhob und eine Steuererleichterung 
eintreten ließ; er setzte zur Leitung aller Unterrichtsangelegenheiten 
ein Oberschulkollegium ein. Die einseitige verstandesmäßige Auffaffuug 
religiöser Dinge während der Zeit der Aufklärung hatte sich überlebt; 
die einen suchten im Glauben an die von der Kirche gelehrten christ¬ 
lichen Wahrheiten ihr Heil, audere ergaben sich dem phantastischen 
Reiz geheimer Gesellschaften, die sich des Besitzes übernatürlicher 
Wissenschaft, des Verkehrs mit der Geisterwelt n. dergl. rühmten. 
(Cagliostro.) Durch ein vom Minister von Wöllner ausgearbeitetes 
Religionsedikt verfügte der König, von der Wahrheit der kirchlichen 
Lehre überzeugt, daß kein Geistlicher oder Lehrer auf Kanzel oder 
Katheder Abweichungen von der Lehre uud den Bekenntnisschriften 
der evangelischen Kirche sich erlauben dürfe, eine Maßregel, die, mit 
der seit Luthers Tagen gütigen Lehrfreiheit dieser Kirche unverträglich, 
großen Unwillen hervorrief. Ein Zensuredikt beschränkte das Recht 
der Meinungsäußerung in den Zeitungen. Die Verschwendung und 
der Luxus des Hofes gaben ein arges Beispiel für Adel und 
Volk; die alten, ehrbaren Sitten schwanden, in Genußsucht und Leicht¬ 
sinn erschlafften die Nachkommen einer Generation, die einst mit halb 
Europa deu ehrenvollen Kampf siegreich bestanden. 
(Gebietserweiterungen.) (l. Die fränkische Linie des Hauses 
Hohenzollern, die in Ansbach und Baireuth herrschte, war dem Aus- 
sterben nahe. Der letzte Markgraf von Ausbach - Baireuth, Karl 
Alexander, verzichtete zu guusten der Krone Preußen aus seine Be¬ 
sitzungen. Der baireuthische Hausordeu vom Roten Adler wurde als 
zweiter preußischer Hausorden anerkannt (1792).) 
2. Die Zweite Teilung Polens 1793. Ju Poleu gedachte 
eiue patriotisch gesinnte Partei, von der Untüchtigkeit der Verfassung 
und der Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Zustände überzeugt, alte 
Ubelstüude abzustellen und an Stelle des Wahlkönigtums die erbliche 
Thronfolge im Hause Wettin einzuführen. Preußen übernahm den 
Schutz dieser Verfassungsänderung, doch als die Kaiserin Katharina 
Truppen nach Polen sandte und den König Stanislaus Poniatowski
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.