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trotz des fortschrittfeindlichen G-eistes des Islam eine hohe und 
glänzende Kultur erzeugen, welche vielfach an die in den erober¬ 
ten Ländern Vorgefundenen Reste griechischer Bildung und 
Gelehrsamkeit ankntipfte und dieselben zu neuer Entwickelung 
brachte. Bochara in Turkestan wurde Hauptsitz arabischer Ge¬ 
lehrsamkeit. Hier lehrte Avicenna (Ibn Sina 980 —1036), 
welcher den Aristoteles bearbeitete und Begründer einer Ärzte¬ 
schule wurde. Eine Reihe von Städten von Bochara im Osten 
bis nach dem herrlichen Cordova im Westen mit seinen 600 
Moscheen, seinen Palästen (Alcazar), seiner grofsartigen Bibliothek 
stand untereinander in geistigem Verkehr. Unter den zahlreichen 
Dichtern, welche durch die Grofsthaten des Volks und den Glanz 
des Lebens Anregung erhielten, zeichnete sich vor allen der am 
Hofe des Ghasnaviden Mahmud I. lebende Perser Ferdusi 
(f 1030) aus (Schach-Name, Heldenbuch, ein Epos persischer 
Geschichte). In der Baukunst bildete sich der maurische Stil, 
der besonders in Spanien zur herrlichen Vollendung gelangte. 
Der Welthandel war in den Händen der Araber, Industrie und 
Kunstgewerbe erreichten den höchsten Aufschwung. So steht im 
9. und 10. Jahrhundert die Machthöhe und glänzende Kultur des 
Islam im schneidenden G-egensatz zu dem scheinbaren Verfall der 
abendländischen Welt. 
B. Die ersten Kreuzzüge und das Königreich Jerusalem. 
1. Der erste Kreuzzug 1096—99. a. Die Einleitung. Die 
äufsere Veranlassung zu den Kreuzzügen gaben die von den Fati- 
miden und besonders den Ortokiden gegen die in Palästina einhei¬ 
mischen Christen und die christlichen Pilger geübten Frevel. Je 
mehr im Mittelalter ausschweifendste Sinnlichkeit und Habgier sich 
mit der qualvollen Angst vor der Strafe Gottes und den Martern der 
Hölle paarte, um so schwärmerischer ergriff man den Gedanken, 
durch zerknirschte Gebete an den Stätten, wo der Heiland leiblich 
gewandelt und gelitten hatte, sich von der Sünde zu lösen, um 
so glühender wurde der Drang jene Stätten aus den Händen der 
Ungläubigen zu befreien. Es bedurfte daher nur kräftiger Aus¬ 
sprache, um alle Gemüter des Abendlands fortzureifsen, zumal 
die herrschende Angst vor dem nahen Weitende und dem jüngsten 
Gericht die religiöse Erregung der Massen auf den Höhepunkt 
brachte. Der Papst Urban II., damals triumphierend über die 
Niederlagen der kaiserlichen Partei in Italien, ergriff den ge¬ 
eigneten Augenblick, die Völker der Christenheit unter 
der Autorität des Papsttums zum gemeinsamen Kampfe 
gegen die Ungläubigen aufzurufen. Auf dem Konzil zu
	        
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