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gönnen (S. 122), welche Schritt für Schritt durch Anlegung fester
Burgen, Gründung deutscher Kolonistendörfer und schnell auf¬
blühender Städte befestigt wurde. 1232 entstand Thorn und
Kulm, 1237 Elbing, 1255 Königsberg. In langwierigem, greuel-
vollem Vernichtungskriege wurde das tapfere Preufsenvolk auf¬
gerieben, erst 1283 konnte die Eroberung als vollendet und ge¬
sichert gelten. —
Auch in den inneren Zuständen gingen wichtige Ver¬
änderungen vor. Der niedere Adel, welcher im Reichsdienst
keine Verwendung mehr fand, wandte sich zu Strafsenraub und
Fehde, besonders in Schwaben, Franken und am Rhein, während
das gewaltig aufstrebende Bürgertum neben Fürsten und Adel
sich eine wachsende Geltung im Leben der Nation erringt. Da¬
mals gründete eine Anzahl rheinischer Städte auf Anregung des
reichen Mainzer Bürgers Arnold Walpot zum Schutz der Strafsen
und zur Beseitigung der Zölle den rheinischen Städtebund
mit Flotte und Kriegsmacht, an dessen Spitze 1255 K. Wilhelm
trat. Er verbreitete sich über einen grofsen Teil Deutschlands,
entbehrte aber einer kraftvollen Leitung und löste sich 1258
auf. Dafs auch in der Landbevölkerung, welche sich ihre alte
Gerichtsverfassung und das Recht der Freizügigkeit erhalten hatte,
die Volkskraft durch den Zerfall der Reichsgewalt nicht gebrochen
war, zeigt am besten die ungeschwächt fortschreitende Besiedelung
im Norden und Osten: Pommern, Preufsen, Schlesien sind
im Laufe des 13. Jahrh. vollständig deutsche Länder geworden
und auch die böhmischen, mährischen und ungarischen Gebiete
wurden fort und fort mit deutschen Dörfergründungen bedeckt.
E. Frankreich und England.
I. Im Zeitalter der Kreuzzüge erstarkte die königliche Macht
in Frankreich durch Erhebung des Thrones über die Vasallen
und durch Vereinigung der Bürger in den Städten zu freien
Gemeinden. Die Abwesenheit vieler mächtiger Lehnsträger in
Palästina und der Aufschwung der Städte durch den Handel
begünstigte diese Entwickelung. Schon unter Ludwig VI. (le
gros 1108—1137) hob sich das Ansehen der Krone durch das
kräftige Auftreten des Königs und die kluge Staatsleitung des
Abtes Suger von S. Denis, welcher namentlich durch das Stu¬
dium des alten kaiserlichen Rechts ein lebhaftes Bewufstsein von
dem Beruf des Königtums das Recht zu schützen gewonnen
hatte. Als Ludwig VII. nach Sugers Tode (1152) sich von
seiner Gemahlin Eleonore, der Erbin von Gascogne, Guienne
und Poitou, trennte, und diese sich mit Heinrich von Anjou-