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dich auch jetzt und gewähre mir, daß ich dem verlassenen Gatten 
seine treue Gefährtin, die zu früh der Erde geraubt ist, glücklich 
aus der Unterwelt wieder zurückführe!" 
Er stieg nochmals unerschrocken in den Schlund der Unterwelt 
hinab, um von der Göttin Persephone (Proserpina) den Schatten 
der gestorbenen Königin wieder loszubitten. Die Göttin, die von 
so treuer Liebe der Gattin gerührt war, gewährte des Helden Bitte, 
und siegesfroh führte Herkules die Wiedererstandene ihrem Gat¬ 
ten zu. 
In einen dichten Schleier gehüllt, brachte er sie vor denselben; 
er erzählte dem Könige aber, es sei eine Sklavin, die er im Kampfe 
gewonnen, und die Admetus beherbergen solle, während Herkules 
in einen neuen Kampf ziehe. Admetus war bereit, des Gastfreun¬ 
des Bitte zu erfüllen; als er aber die Sklavin bei der Hand nahm, 
um sie in den Palast zu führen, enthüllte Herkules die Verschleierte. 
Sprachlos und zitternd blickte der König seine wiedergekehrte Gat¬ 
tin an, während Herkules ihm erzählte, wie ihm die Befreiung 
derselben gelungen sei. Alcestis aber blieb auch dann noch sprach¬ 
los, als Admetus sie mit zärtlichen Ausdrücken begrüßte. 
Da sprach Herkules: „Du wirst ihre Stimme nicht vernehmen, 
bis die Totenweihe von ihr genommen und der dritte Tag er¬ 
schienen ist." Darnach machte er sich wieder auf den Weg und 
überließ die wiedervereinten Gatten ihrem Glücke. 
Das Gift aber, welches bei den Bissen des Höllenhundes in 
des Helden Wunden gekommen war, wirkte schleichend nach und 
zog ihm eine Gemütskrankheit zu, welche sich endlich bis zum 
Wahnsinn steigerte. In diesem Zustande verübte Herkules manche 
heillose That; er erschlug sogar einen seiner Freunde und raubte 
den Dreifuß des Orakels zu Delphi. 
Seinen Freunden, welche die Götter um die Heilung des Hel¬ 
den fragten, ward die Antwort, daß er nur dann vom Wahnsinn 
genesen könne, wenn er sich auf drei Jahre als Sklave vermiete. 
Da schifften sich einige seiner Freunde mit ihm nach Asien ein, wo 
sie ihn als Sklaven an Omphale, die Königin von Lydien, ver¬ 
kauften. 
In seinem Sklavenstande ward Herkules wieder gesund, und 
im Vollgefühl seiner wiedergewonnenen Kräfte zeigte er sich wieder 
als ein echter Held. Er erwies sich als ein Wohlthäter der Men¬ 
schen, indem er alle Räuber züchtigte, welche das Gebiet seiner 
Herrin oder ihrer Nachbarn unsicher machten, und manches Unge¬ 
heuer im Kampfe überwand. 
Omphale war verwundert über die Thaten ihres Sklaven und 
ahnte, daß er nicht ein gemeiner Knecht sein könnte. Und als sie 
erfuhr, wer ihr als Sklave diente, gab sie dem Helden seine Frei-
	        
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