Full text: Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. (Teil 2)

90 VIII. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. 
Drang in sich verspürte, sein Leben zur Entfaltung einer energischen 
und vielumfassenden Wirksamkeit auszunützen. In seiner Eigenschaft 
als Kaiser, der nach dem Westfälischen Frieden nur mehr formelle 
Rechte, wie Bestätigung von Vertrügen, Verleihung von Orden, Titeln 
und Adelsrang auszuüben hatte, bot sich ihm nur wenig Gelegenheit, 
seinen Tatendrang zu befriedigen, und daher wandte er seine ganze 
Aufmerksamkeit und seinen unermüdlichen Eifer dem österreichischen 
Staate zu. Eines seiner Ziele war die V e r g r ö ß e r n n g Ö st e r r e i ch s, 
welch' letztere er um so leidenschaftlicher betrieb, als seinem Staate 
durch die Schlefischeu Kriege eine fruchtbare und volkreiche Provinz 
entrissen worden war. Aussicht auf Erreichung dieses Zieles eröffnete 
sich ihm im Jahre 1777. 
3. In Bayern starb damals Maximilian III. Joseph und mit 
Bayerischer Erb-ihm erlosch die Lndwigfche Linie des wittelsbachifchen Hauses. Der 
1778-1779. Vertrag von Pavia (I., § 53, 2) trat in Kraft. Karl Theodor, 
Kurfürst von der Pfalz und Haupt der Pfälzisch-sulzbachischeu Linie, 
rückte in das bayerische Erbe ein. Allein dieser lebenslustige Fürst, 
der sich in der Pfalz einen glanzenden Hof eingerichtet, hatte wenig 
Jntereffe am bayerischen Lande und kein Gefühl für das Wohl der 
neuen Untertanen. Jofeph II. benützte besten Gleichgültigkeit und 
wagte beu Versuch, einige bayerische Provinzen an Österreich zu bringen. 
Er machte Ansprüche geltenb, bie er auf Grnnb einer Bestimmung 
Kaiser Sigismunds aus dem Jahre 1426 auf Niederbayern und 
die Oberpfalz zu haben glaubte, und brachte durch geschickte Uuter- 
^rtrap zwischen Handlungen Karl Theodor dahin, daß dieser in einem Vertrage von 
Theodor 1778 für sich und seine Nachfolger jene Ansprüche als begründet an¬ 
erkannte. Allein Friedrich der Große erblickte in der beabsichtigten 
Machterweiterung Österreichs eine Gefahr für bie Selbständigkeit der 
Fürsten: Österreich würde dadurch die Herrschaft über Sübbeutschlanb 
erlangt itnb bie Stellung Preußens im Reiche erschwert haben. Um 
nun Josephs Plan zu hintertreiben, veranlaßte er ans beit Hilferuf 
einer Wittelsbacheriu bie Erben ber bayerischen Krone, bie Herzoge 
Karl und Max von Zweibrücken (Karl Theobor hatte keine legitimen 
Kitt ber), gegen jenes Abkommen zu protestieren, inbem er ihnen zu¬ 
gleich zum Schutze ihrer Erbrechte seine Unterstützung in Aussicht 
stellte. Da Joseph II. ben Protest nicht beachtete, so drang ein 
preußisches Heer gegen Böhmen vor und der Bayerische Erbfolgekrieg 
(1778—1779) begann. Der Verlaus desselben war ein unblutiger. 
Weder Friedrich der Große noch Maria Theresia wollten am Abend 
ihres Lebens ihre Streitkräfte noch einmal in mörderischen Schlachten 
messen. So gingen die Heere einem ernsten Zusammenstoß ans dem 
Wege unb ber Felbzug bestaub nur in einer Reihe von Märschen und 
kleinen Scharmützeln. (Kartoffelkrieg.) Als Rußland auf Friedrichs
	        
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