Full text: Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. (Teil 2)

I. Teilung 1772 
Reformen in 
Polen. 
Kosciusko. 
II. Teilung 1793. 
96 VIII. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. 
Damit nun Polen nicht ganz eine Bente russischer Lündersucht werde, 
traten sie mit Katharina II. in Verbindung und beschlossen eine Ver¬ 
kleinerung des kranken und ohnmächtigen Staates. 
4. So kam 1772 die erste Teilung Polens zu stände. Öster¬ 
reich erhielt Obergalizien und Lodomirieu, Rußland Ostlitauen, 
Preußen das heutige Westpreußen, das einst dem Deutschen Orden 
gehört hatte, demselben aber unter Kaiser Friedrich II. 1466 von 
Polen entrissen worden war, ohne Danzig und Thoru, ferner Erme- 
land und den Distrikt an der Netze. — Damit wurde für Preußen, 
was für seine militärische Stellung bedeutsam war, die Lücke zwischen 
Pommern und dem entlegenen Ostpreußen ausgefüllt und Friedrich II. 
nannte sich von jetzt an „König von Preußen". Friedrich begann 
in der herabgekommenen und verarmten neuen Provinz eine gesegnete 
Kulturarbeit. Er entsnmpfte weite Strecken, baute deu Bromberger 
Kanal von der Brahe zur Netze (Verbindung von Weichsel und Oder), 
sandte Arbeiter, Beamte und Lehrer ins Land, hob die Leibeigen¬ 
schaft ans den Domänen aus und verbreitete die Wohltaten einer ge¬ 
rechten Justiz. 
5. Das traurige Schicksal Poleus öffnete dem noch urteilsfähigen 
Teil des Volkes die Augen für die Gebrechen des Staates und somit 
für die Ursachen des Unglücks. In richtiger Erkenntnis derselben 
und erfüllt von dem Gedanken, das Vaterland vor weiterem Verfalle 
zu bewahren, ja ihm neue Kraft einzuhauchen, schritt man zu tief ein¬ 
greifenden Reformen. Man führte, von dem preußischen Minister 
Hertzberg ermuntert, 1791 das erbliche Königtum ein und gab 
dem Lande eine konstitutionelle Verfassung, wobei das liberum veto 
aufgehoben wurde. Eine neue Periode der Entwicklung schien an¬ 
zubrechen. Doch die Freude der Patrioten dauerte nicht lange. 
Katharina II., die es nun einmal zu einer Erstarkung des erschütterten 
Staatswesens nicht kommen lassen wollte, widersetzte sich den Neue¬ 
rungen und ließ, angespornt durch eine vaterlandsverräterische Partei 
unter den Adeligen, ein russisches Heer in Polen einrücken. Zwar 
gelang es dein tapferen Thaddäus Kosciusko, „dem letzten und 
reinsten Helden seines Staates," sein Volk zum Kampfe um Erhaltung 
der Freiheit und Selbständigkeit zu entflammen. Es war vergebens. 
Zu den Russen gesellten sich 1793 preußische Truppen, die Friedrich 
Wilhelm II. in Polen einrücken ließ, damit, — wie er meinte — die 
dort sich verbreitenden revolutionären Ideen unterdrückt werden könnten, 
und nun einigten sich der preußische König und Katharina II. zur Vor¬ 
nahme der zweiten Teilung (1793). Preußen bekam Danzig, Thoru 
und die heutige Provinz Posen, Rußland den Rest von Litauen. 
6. Eiu Jahr darauf erhob Kosciusko abermals die Banner des 
nationalen Aufstandes. Diesmal folgte ihm das ganze Volk. Es kämpfte
	        
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