Full text: Geschichte des klassischen Altertums (Teil 7)

§ 41. Kulturgeschichte der Kaiserzeit bis Diokletian. 209 
Italien eindringenden Germanen (Alamannen und Markomannen) 
bilden sollte. Auch dieser hervorragende Herrscher fiel durch Meuchelmord. 
Probus, einer seiner Nachfolger, ein gleich tüchtiger Kriegsfürst, 
schützte in ununterbrochenem Ringen die Grenzen in N und 0, bis 
er durch feine eigenen Soldaten den Tod fand. Sie waren erbittert, daß 
er sie dazu benutzte, Weinberge in Pannonien, am Rhein nnd an der 
Mosel herzurichten und Sümpfe auszutrocknen. Im Jahre 284 erlangte 
Diokletian, ein dalmatinischer Bauernsohn, die Herrschaft, die ihm eine 
„weife Frau" in Gallien vorausgesagt hatte. 
§ 41. Aus der Kulturgeschichte der Kaiserzeit bis zur diokletianisch-kon- 
stautiuischeu Neuordnung und jum Siege des Christentums. 
1. Staat und Reich. Obwohl im 1.Jahrhundert die republikanische 
Überzeugung, genährt durch die politischen Lehren der stoischen Philosophie, 
noch vereinzelt zu Widerstand und Verschwörung gegen den „Prinzeps" führte 
(s.S.203), .so faßte doch das Kaisertum schnell tiefe Wurzel. Die alten 
Patriziergeschlechter starben aus, der neue von Augustus geschaffene 
Adel, der nicht selten den Spott herausforderte, war den Kaisern ergeben1. 
Für den Amtsadel (ordo senatorius) war der Nachweis eines Mindestver¬ 
mögens von 1 Million Sesterzien notwendig, für den von Augustus 
wiederhergestellten Ritter st and (ordo equester) ein steuerpflichtiges Ver¬ 
mögen von wenigstens 400 000 Sesterzien; diesen beiden Ständen, dem ordo 
uterque, blieben alle Stellen in Verwaltung und Heer vorbehalten, wenn¬ 
gleich die Willkür der Kaiser sich oft darüber hinwegsetzte und Freige¬ 
lassene bevorzugte. Der bürgerliche Mittelstand vermehrte stch durch 
die Ausdehnung des Bürgerrechts, das schließlich seit Karakalla alle freien 
Gemeinden des Weltreichs umfaßte, ins Unermeßliche, hatte aber, von den 
höheren Ämtern ausgeschlossen, keine entsprechende Bedeutung und sah sich 
durch die Freigelassenen, deren Zahl durch die Zunahme der Frei¬ 
lassungen (manumissio) riesig stieg, überall in den Hintergrund gedrängt 
(s. S. 213). So wurde auch das römische Bürgerrecht, das einst die 
höchsten Vorteile brachte, im Lauf der Jahrhunderte entwertet, zumal da 
es immer mehr Pflichten und Kosten in Staat und Gemeinde auferlegte, denen 
man sich schließlich förmlich durch die Flucht entzog. 
Der Senat suchte den Einfluß, den ihm Augustus durch die von ihm 
begründete eigenartige Doppelherrschaft (Dyarchie) gelassen hatte, mit 
Zähigkeit festzuhalten und wurde von den Kaisern nach dem Grade ihrer selbst¬ 
herrlichen Neigungen verschieden behandelt, bis Septimius Severus, der 
die Macht des Imperators gänzlich auf das Heer begründete, seine Niederlage 
zugunsten der Ritter besiegelte. Neben ihm wurde ungleich einflußreicher der 
von Hadrian gebildete „Staatsrat", das consistorium principis. — D>ie 
republikanischen Ämter sanken wie das Konsulat zu bloßen Titula¬ 
turen herab, soweit ihre Inhaber nicht in der dem Senat vorbehaltenen Ver¬ 
waltung einer Provinz verwendet wurden. Neben diese senatorischen 
Beamten trat die neue kaiserliche Beamtenschaft, die sich in ihren 
Schenk-Koch, Lehrbuch der Geschichte. VII. 3. Aufl. 14
	        
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