XVI. Die makedonische und hellenistische Zeit.
61
Zeit angebahnten Vermischung bedeutenden Vorschub. Dieser Vor¬
gang wurde durch seine Taten rascher als vorher gefördert, und trt
dem neuen orientalisch-griechischen Königtum sollte der Hellenismus
seine sichtbare Darstellung finden. .
Freilich murrten die alten Kampfgenossen vrelsach über tue
Gleichstellung der Barbaren mit Griechen und Macedoniern. Nicht
Verschmelzung wünschten sie, sondern Herrschaft über die Barbaren.
Ja sie schritten zu Verschwörung und Erhebung. Einmal konnte
Alexander der Empörung nur dadurch Herr werden, daß er einige
Haupträdelsführer im Tigris ertränken ließ. Das Schicksal des
Kleitos, der einst in der Schlacht am Granikos sein Lebensretter
geworden war und später von ihm bei der Tafel nieder¬
gestochen wurde, scheint diese Bewegung zum Hintergründe gehabt zu
haben. Schließlich entließ der König eine große Anzahl alter Krieger
mit reichen Belohnungen in die Heimat, um an seinem Hofe zu
Babylon für Perser Platz zu schaffen.
Inmitten der großen Verschmelzungsarbeit starb Alexander
323, nachdem er durch gewaltige Anstrengungen wie durch orientalische
Schwelgerei längst seine Gesundheit zerrüttet hatte. Die Thron¬
folge hatte der kinderlose Mann noch nicht geregelt. „Dem
Würdigsten" hinterließ er sterbend das Reich. In Alexandria wurde
er bestattet.
Bis heute ist der hochbegabte König, der an herrlichen Zügen
reiche Mensch, der Held einerreichen Alexandersage und Dichtung
geblieben. Und mit Recht heißt er „der Große". Schon sein Weit¬
blick und sein Organisationsgeschick heben ihn hoch über die kleinliche
Mißgunst und die Zänkereien des griechischen Bürgertums und der
kleinen Stadtstaaten empor. Die Griechen hatten es niemals dahin
gebracht, die Einheit der Ration zu begründen. Über hoffnungsvolle
Ansätze war die nationale Bewegung nie hinausgekommen. Auch
die letzte und größte politische Schöpfung der Griechen, das attische
Seereich, hatte keinen dauernden Bestand. Kläglich sah auch die Ver¬
waltung in den meisten griechischen Kleinstaaten aus. Die Demokratie
war ja doch weiter nichts als die Herrschaft der großen Massen, die,
weil ihnen die politische Erfahrung und Blickweite fehlte, so oft
Worthelden folgte und sich nie über Parteigezänk zu erheben ver¬
mochten. Da kam Alexander. Richt bloß die macedonischen und
griechischen Staaten wußte er zu vereinigen, sondern das ganze
Perserreich faßte er mit ihnen zu einem „Weltteiche" zusammen.
Ihm ist es zu danken, daß die ganze östliche Mittelmeer-
welt vom Geiste des Griechentums erfüllt und dadurch
neu belebt wurde.