Full text: Vom Regierungsantritt Karls des Großen bis zum Tode Friedrichs des Großen (Teil 2 = Klasse 2)

III. Die Anfänge des neueren Staates in Frankreich und England. 61 
die „Religion des französischen Königtums" nach Rankes Ausdruck, 
sichtbar in die Erscheinung. Johanna verstand es, das Vaterlands¬ 
gefühl ihrer Landsleute neu zu beleben, während die Feinde von 
abergläubischer Furcht ergriffen wurden. Orleans wurde befreit, ja, 
es gelang, Karl VII. zur Krönung nach Rheims zu führen. Bis 
vor Paris wollte er aber dem kühnen Mädchen nicht folgen. Als 
Führerin einer Freischar setzte sie den Kampf fort, siel dabei in die 
Lände der Feinde und erlitt als Lexe 1431 den Feuertod. Die 
Franzosen waren aber zu neuer Tatkraft erwacht; bald darauf trat 
der Lerzog von Burgund auf ihre Seite über. Der Krieg wurde 
mit wachsendem Erfolge fortgesetzt, bis 1453 nur noch Calais in den 
Länden der Engländer blieb. 
Nach dem Frieden erwuchs dem König die Aufgabe, die Ord¬ 
nung in dem durch die langen Kämpfe völlig zerrütteten Reiche her¬ 
zustellen. Die brotlos gewordenen Söldner durchzogen als Räuber¬ 
banden das Land und bedrohten die öffentliche Sicherheit. Zu ihrer 
Bekämpfung wurde eine starke Exekutivgewalt erforderlich. Diese 
wurde in den 15 Ordonnanzkompagnien zu 600 Mann, der 
ersten stehenden Truppe Europas, dem König zur Verfügung gestellt. 
Zu ihrer Erhaltung wurde eine ständige, von der Bewilligung der 
Etats Generaux unabhängige Grund- und Kopssteuer, die so¬ 
genannte Taille, erhoben. Damit trat die Bedeutung der Reichs¬ 
stände zurück, Frankreich befand sich auf dem Wege zur ab¬ 
soluten Monarchie. 
England hatte nach Beendigung der festländischen Kämpfe die 
schwere Krisis der Rosenkriege zu durchleben. Sie entstanden 
aus den Streitigkeiten, die sich unter den Großen des Landes erst 
über die Vormundschaft, dann über die Nachfolge des geistesschwachen 
Königs Heinrich VI. erhoben. Besonders waren es die Läufer 
Lancaster und Bork, beides Nebenlinien des königlichen Stammes, 
die Ansprüche auf die Herrschaft machten. Dabei vertrat Lancaster 
mehr die Interessen des hohen Adels, während Bork sich auf die 
bürgerlichen Schichten in den Städten stützte. Den Abschluß dieser 
wechselvollen, meist aber für Bork siegreichen Kämpfe bildete die 
berüchtigte Regierung Richards III. Gegen ihn richtete sich eine 
Verschwörung unter Führung des Grafen Heinrich Tudor, der von 
mütterlicher Seite her dem Laufe Lancaster angehörte. Richard 
erlag in der Schlacht bei Bosworth 1485, in der er fiel. Leinrich 
wußte feine Stellung noch durch Leirat mit einer Tochter des Laufes 
Bork zu befestigen und bestieg als erster Tudor den Thron. 
Die Lasten der Rosenkriege an Gut und Blut hatten vor allem 
die hohen Adelsgeschlechter getragen, die teilweise ganz aufgerieben
	        
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