Full text: Neuzeitliche Weltgeschichte der Weltmächte

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zwischen Spanien und der Union. Den Vorwand bildete eine „Anf- 
flammung" auf dem vereinsstaatlichen Kriegsschiff Maine im Hafen 
von Havanna, die natürlich ruchlose Spanier verursacht haben sollten. 
Wie immer war das gänzlich herabgekommene Spanien schlecht gerüstet. 
Deshalb war es den Vereinsstaaten ein leichtes, bei Kavite auf den 
Philippinen die hölzernen Schiffe Spaniens in den Grund zu bohren, 
auf Kuba Truppen zu landen, bei Santiago die übrigen spanischen 
Schiffe zu erbeuten und das spanische Heer zu schlagen. So mußte 
Spanien im Pariser Frieden (1898) Portoriko an die Union ab¬ 
treten und Kuba für unabhängig erklären. Natürlich wartet sie nun 
darauf, daß Kuba sich sobald als möglich ihr völlig anschließt. Die 
Philippinen kaufte die Union den Spaniern ab, denn sie hatte nur 
Manila mit knapper Mühe und Not erobert. So war Spanien nun 
als Kolonialmacht entthront, die Union aber hatte ihr Sternenbanner 
über langersehntem asiatischem Gebiete entrollt. Sie hatte einen Satz 
Monroes verletzt unb beschränkte sich nicht mehr auf Amerika allein. 
Freilich war die Erwerbung der Philippinen leichter als ihre Erhal¬ 
tung. Bei der Eroberung Manilas hatte die Union die größte Unter¬ 
stützung durch die aufständischen Filipinos oder Tagalen erhalten. 
Als nun nach dem Frieden die Union als Herrin auftrat, da kehrten 
diese ihre Waffen gegen ihre Bundesgenossin von gestern. Erst nach 
langwierigen, kostspieligen Kämpfen konnte die Besitzergreifung von 
dieser Inselgruppe als gesichert gelten. Aber noch heute muß eine 
starke Besatzung den Besitz dieser verbürgen. So lernte die Union auch 
die Kehrseite des Kolonialerwerbes kennen und merkte, daß Kolonien 
nicht bloß Freuden bereiten, sondern auch ein gutes Stück Geld kosten. 
Schon vor dem spanischen Kriege hatte die Union den Umkreis ihrer 
Erwerbungspolitik erweitert. Auf bie fruchtbaren Sandwich-Inseln 
hatte sie schon seit einem Halbjahrhuubert ihr Auge geworfen. Man 
wollte sie auch einverleiben, boch warb ber Plan seinerzeit abgelehnt. 
Jeboch ttmnbten sich immer mehr vereinsstaatliche Bürger nach dieser 
Inselgruppe, bie weit ab von Amerika in ber Südsee liegt. Diese 
Eingewanderten setzten es durch, daß 1897 die Inseln dem Sternen¬ 
banner unterstellt wurden. 1899 erhielt die Union durch das Samoa¬ 
abkommen zwischen England, Deutschland und den Vereinsstaaten das 
östliche Drittel von Samoa mit dem trefflichen Hafen aus Tutuila. 
Von den Marianen hat sie die größte Insel, Guam, erkauft. 
So hat die Union ihr Gebiet feit ihrer Entstehung in gewaltigem 
Umfange gesteigert, es beträgt fast 10 Millionen (genau 9,7] qkm und 
beherbergt über 90 Millionen Bewohner. Es ist das ein außerordent¬ 
liches Wachstum. Dies ist um so bedeutungsvoller, als die Haupt¬ 
masse des Landes ein zusammenhängendes Ganzes bildet und sich inner¬ 
halb der gemäßigten Zone findet und sich zugleich durch besondere 
Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit auszeichnet. Kein Wunder, wenn die 
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