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Halbiahrhnnderte schon in ziemlichem Maße gehoben und unternahm
Fahrten nach dem Weißen Meer, nach Nordamerika, Brasilien, sowie
nach der Levante, wenngleich meist ans Schiffen, die von Holländern
und Deutschen erbaut oder gemietet (gechartert) waren.
Zu dem Aufschwünge, den England in dieser Zeit nahm, wirkten
noch manche andere Umstände mit. Durch die Einführung der eng¬
lischen Hochkirche wurden die Klöster aufgehoben. Dadurch flössen un¬
geheure Werte in das wirtschaftliche Leben zurück und befruchteten das
nicht wenig. Hierzu kam die Beschränkung der Frondienste, wodurch
der Bauernstand mehr Bewegungsfreiheit und Unternehmungsgeist er¬
hielt. Endlich ward dem Adel gestattet, unter gewissen Bedingungen
seine Güter zu veräußern. Das alles regte die Tatkraft der englischen
Bauern an und die Erfolge zeigten sich darin, daß infolge der Dung¬
wirtschaft die Getreideausfuhr bedeutend wuchs, während man früher
Getreide einführen mußte. Dazu verbreitete sich auch die Pferde- und
Viehzucht, die nachmals in England eine neue Heimstätte fand.
Die Regierung selbst änderte ihre Ansichten. Sie suchte nicht mehr
ihre Zolleinnahmen dadurch zu erhöhen, daß sie die ausländischen Waren
begünstigte. Hiergegen war schon lange im Lande eine tiefe Bewegung
im Gange, die namentlich der Rat zu London schürte. Man suchte
vielmehr das heimische Gewerbe zu schützen, indem man die Einfuhr-
fremder Gewerbeerzeugnisse erschwerte und teilweise ganz verbot. Die
Hansen mußten statt 1 v. H. fortan 20 v. H. für alle ein- und aus¬
geführten Waren entrichten. Seidene Gewebe aber durften gar nicht
mehr eingeführt werden, damit die englische Seidenweberei sich gedeih¬
lich entwickeln könnte. Es war natürlich, daß die Hanse diese An¬
strengungen Englands, den gesamten Warenaustausch selbst zu be¬
sorgen, nicht gern sah. Aber die Engländer gingen rücksichtlos vor
nnd scheuten sich nicht, 1589 der Hanse 60 Schiffe wegzunehmen,
die, mit Getreide und Kriegsbedarf beladen, nach Spanien bestimmt
waren. Eine solche Verletzung ihrer Schiffahrt konnte sich die Hanse
natürlich nicht ruhig gefallen lassen. Da sie aber selbst nicht stark
genug war, sich Recht zu verschaffen, wandte sie sich an das Reich
um Hilfe. Es kam zu langen Verhandlungen, die aber nichts erreichten.
Daher wies mein zur Vergeltung 1597 die englischen Kaufleute aus
Deutschland aus. Diese an sich gerechtfertigte Maßregel traf aber die
Hansen am härtesten, denn Elisabeth (1558—1603) hob als Strafe
dafür die Rechte der Hanse auf und befahl allen deutschen Kaufleuten,
binnen 14 Tagen Englands Boden zu verlassen. Nun ward der Stahl¬
hof, diese altehrwürdige Handelsstätte der Deutschen, geschlossen, ja
alle englische Ausfuhr nach Weser und Elbe untersagt. So war der
Deutsche mit einem Schlage aus seiner alten gewinnbringenden Stel¬
lung verdrängt, und der Engländer war völlig Herr im eigenen Hause
geworden. Schon ein Jahrzehnt früher hatten die letzten venezianischen