Full text: Leitfaden beim ersten Unterricht in der Geschichte für Töchterschulen

Frankreich unter der Selbstregierung Ludwig's XIV. 
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dies von seiner Seite ein eigentlicher Raubkrieg. Im Frieden von 
Aachen (1668) mußte er einen Theil seines Raubes fahren lasten: 
Frankreich hatte indesten wieder Land gewonnen. 
Um sich zu rächen, begann er nun einen Raubkrieg gegen Holland, 
den man den holländisch-europäischen Krieg nennt (1672—1678). 
Holland selbst rettete sich nur dadurch, daß es seine Deiche durchstach 
und den charakterfesten Wilhelm III. von Dräniert (den nachmaligen 
König von England) zum Statthalter erwählte. In diesem Kriege 
bewog Ludwig die Schweden, in Brandenburg einzufallen, aber der 
s. g. Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640 
bis 1688) schlug sie bei Fehrbelliu (1675) und legte durch diesen 
Sieg den Grund zur Größe Preußens. Diese» Krieg schloß der 
Friede von Nymwegen (1678), durch welchen Frankreich ganz an¬ 
sehnlichen Ländergewinn bekam. (Im Jahre 1679 kamen mit und 
zwischen den andern europäischen Mächten die Friedensschlüsse von St. 
Germain und Fontainebleau zu Stande.) 
Da Ludwig XIV. wußte, daß keiner seiner bisherigen Gegner ihm 
sobald ernstlich wieder entgegentreten werde, so fuhr er in seinen Ver- 
größerungsvlänen fort und machte durch s. g. Reunionskammern 
Ansprüche auf diejenigen Orte, die von allen seit dem westfälischen 
Frieden an Frankreich abgetretenen Ländern in früheren Zeiten abhängig 
gewesen waren, und nahm sie ohne Umstände durch Truppen im Besitz. 
So nahm er denn auch unter Anderem noch Straßburg mitten im 
Frieden durch Verrath vom Deutschen Reiche weg (1681). Dem mäch¬ 
tigen französischen Könige gegenüber lag Deutschland in Ohnmacht da. 
Der deutsche Kaiser (dazumal Leopold I.: 1657 —1705) gerieth 
selbst in die größte Noth, indem Wien (1683) von den Türken be¬ 
lagert wurde. Wien schien verloren, da die meisten Einwohner ent¬ 
flohen waren; nur der Staudhastigkeit der von dem tapfern Rüdiger 
von Staremberg geleiteten Besatzung und zuletzt dem unverhofften Ein¬ 
treffen des edlen Polenkönigs Johann Sobiesky (mit noch andern 
Fürsten) hatte Deutschland die Befreiung von diesem Erbfeinde der 
Christenheit zu danken. Nach dem Abzüge der Türken dauerte der 
türkische Krieg (— in dem fast ganz Ungarn und Siebenbürgen endlich 
von den Osmaneu geräumt wurde) noch 16 Jahre fort und erhielt 
durch den Waffenstillstand von Carlowitz (1699) einen, jedoch nur 
vorläufigen, Abschluß. 
Im Jahre 1684 stand Ludwig XIV. ans dem Gipfel seiner 
Macht; er selbst schwächte sie aber wieder durch religiöse Unduldsamkeit, 
indem er die Protestanten verfolgte. Durch den Widerruf des Cdicts
	        
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