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Ein Blatt Pergament dann heftet er dran:
Verwundert betrachten es alle.
4. Vernahmt ihr des Hammers hell klingenden Schlag?
Horcht auf, er giebt fröhliche Kunde:
Die Nacht ist vergangen, erschienen der Tag!
So rufet er weit in die Runde.
5. Auf, leset! was kündet die herrliche Schrift?
Lest laut, was enthalten die Thesen?
Den Seelen Arznei, doch den Römischen Gift,
Der Papst ist Herr nun gewesen.
6. Wer ist denn der Held, der solches geschafft.
So großes Werk will beginnen?
Wer rüstet ihn aus mit so trotziger Kraft,
Wer ließ so Gewaltiges ihn sinnen?
7. Es ist Martin Luther, dem Thüringer Land
Entstammt er, von Gott selbst erkoren.
Den Deutschen die Wahrheit zu künden gesandt.
Die römische Lüge verloren.
8. Nicht baut er auf menschliche, wankende Macht,
Nur Gott ist fein Hort, feine Stärke,
Sein' feste Burg und sein Schild in der Schlacht,
Mit Gott geht getrost er zu Werke. Sürfner.
Nacherzählen: Erzählt nun, wie Luther eine Schrift an die
Schloßkirche zu Wittenberg anheftet!
Besprechung: Welchen Festtag feiert Wittenberg?
Es war am 31. Oktober 1517. Der Abend war bereits ange¬
brochen. Die Nebel senkten sich auf die Stadt und die breit dahin
flutende Elbe. Die Glocken läuteten den Abendgottesdienst ein, welcher
der am 1. Novbr., am Allerheiligentage, stattfindenden Kirchweihe der
Schloßkirche voranzugehen pflegte. Viel Volks, Bürger und Mönche,
schritten durch die Gaffen der Kirche zu. Dicht stand die Menge be¬
sonders in der langen Straße, die vom Marklplatze abwärts nach dem
Schlosse führt, den Beginn des Gottesdienstes erwartend.
Wer kommt da?
Da drängte sich raschen Schrittes durch die harrende Menge ein
Augustinermönch. Er fiel nicht sonderlich auf; wer ihn aber betrachtete,
erkannte die ernste Gestalt. Gewiß stand er in der Blüte seiner Kraft,
aber mager und hager war sein Leib, bleich fein Antlitz, dem man
Nachtwachen und schwere Sorgen ansah, feurig und lebhaft leuchteten
feine Augen, ein himmlischer Glanz brach aus ihnen hervor.
Was hat er vor?