Full text: Das Altertum (Teil 1)

— 166 — 
legenheit am deutlichsten. Ein besonnener und tapferer Mann aus alt¬ 
berühmtem Geschlechte wurde zum Diktator erwählt, Quintns Fabins 
Maximus. Er hat sich durch seiue Amtsführung den Beinamen 
Cunetator, d. H. der Zögerer, erworben, denn sein fester Vorsatz war, 
eine Schlacht mit dem sieggewohnten und genialen Pnnier zu vermeiden^ 
ihn dagegen durch Hin- und Herziehen an größeren Unternehmungen 
zu verhindern und zu ermüden. Diesem Plane gemäß zog er immer 
aus der Höhe der Apenninen hin, und Hannibal mußte ihm in der 
Niederung durch Thäler und Schluchten folgen. Als der Karthager 
einst von Apulien aus durch ein Querthal sich nach Campanien wenden 
wollte, verlegte ihm Fabins den Weg, so daß er weder vorwärts noch 
rückwärts konnte. Aber sein rastloser Geist erfand eine List. In der 
Nacht ließ er einer Schar Ochsen Reisigbündel zwischen die Hörner 
binden, diese anzünden und die Tiere einen Seitenabhang hinauftreiben. 
Die Römer, welche glaubten, das punische Heer ziehe mit Fackeln ab, 
eilten nach dieser Seite, um es aufzuhalten, und so konnte Hannibal, 
trotz der Wachsamkeit der Feinde, entweichen. In Rom war man 
nicht zufrieden mit der zögernden Kriegführung des Diktators, man 
verlangte nach einer entscheidenden Schlacht, so daß sich Fabius 
endlich gezwungen sah, den Oberbefehl mit seinem Reiteroberst 
Minutius zn teilen. Dieser ging mit einem Teile des Heeres 
sogleich Hannibal entgegen, erlitt aber eine solche Niederlage, daß er 
vernichtet worden wäre, wenn Fabins ihm nicht den Rückzug gedeckt 
hätte. Minutius sah jetzt die Weisheit der zögernden Kriegführung 
des Diktators ein, allein sobald dessen Amtszeit abgelaufen war, brach 
die Kriegslust der Römer von neuem hervor. Die Konsuln des Jahres 
216, Terentius Varro und Ämilius Paullus, ersterer ein 
Plebejer, letzterer ein Patrizier, wollten das Versäumte nachholen. Bei 
Cannä, in der Ebene am Golf von Manfredonia, traten sie Hannibal 
schlachtbereit entgegen und gaben diesem die erwünschte Gelegenheit, 
seine ganze Feldherrngröße zu entfalten. Mit einem Blicke übersah 
er die Ausstellung der feindlichen Heeresmassen, wies jeder seiner halb¬ 
wilden, verwegenen Scharen die rechte Stellung an — den spanischen 
Reitern, dem gallischen Fußvolk, den Schleuderern von den balearischen 
Inseln, den Libyern, den Numidiern, die ohne Sattel und Zaum auf 
ihren leichten Pferden saßen — und während er selbst mit den Kern- 
trnppen die römischen Legionen hart bedrängt, stürzt sich sein Bruder 
Hasdrubal mit der Reiterei auf die dichtgedrängten feindlichen Massen. 
Die Römer erliegen, eine zersprengte Legion sucht ihr Heil in der Flucht, 
die andere wird umzingelt, wer sich nicht ergiebt, wird niedergehauen. 
Auch der Konsul Ämilius Paullus findet den Tod im Schlacht-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.