Pallas Athene, auch Pallas ober Athene genannt, ist bie Tochter
bes Zeus, bie strenge, weise Jungfrau, bie bett Willen bes Himmels¬
gottes aus Erben vollführt, benn bent höchsten Gotte geziemte es
nicht, sich mit bem einzelnen zu befassen. Nach ber Sage sollte sie
in voller Waffenrüstung bent Haupte bes Zeus entstiegen sein, benn
sie ist Kriegsgöttin unb Göttin ber menschlichen Kultur zugleich. Sie
ist bie Beschützerin bes georbneten Staatswesens, ber sriebXichen Ge¬
werbe unb ber Wissenschaft, aber sie führt auch bie Bürger im Kampfe
für bas Vaterlanb an unb beschützt bie Helben im Schlachtgetümmel.
Die höchste Verehrung genoß sie in Athen. Hier, aus bem Burgberge,
staub ein altes Heiligtum, bas Erechtheion, in bent ein altes Holzbilb
ber Göttin, bas vom Himmel gefallen sein sollte, aufbewahrt würbe.
Daneben aber erbauten bie Athener in ber Blütezeit ihres Staates
einen neuen, prächtigen Tempel, besten Dach von schönen ionischen Säulen
getragen würbe unb in besten Jnnenraume bas Stanbbilb ber Athene,
von bent Meister Phibias geschaffen, in w unb er voller Schönheit prangte.
Auch bieses Stanbbilb war aus Golb unb Elsenbein hergestellt, ber
lange, schwere Mantel war aus gebiegenent Golbe unb konnte abgenommen
werben. Zwischen biesen tieiben Tempeln staub ein kolossales Erzbilb
ber Athene in voller Waffenrüstung, bie Pallas Promachos (Vor¬
kämpferin), auch ein Werk bes Phibias. Hoch schaute sie von bent
Burgfelsen über bas Meer hin; wenn bie Schiffer um bas Vorgebirge
Sunium an ber Sübspitze von Attika fuhren, glänzte ihnen halb bie
golbene Lanzenspitze ber Göttin entgegen. Im Tempelbezirk staub auch
ber nach ber Sage von ber Göttin selbst gepflanzte heilige Ölbaum.
In Athen würbe ber Göttin zu Ehren ein Fest gefeiert, bie
Panathenäen (bas Fest aller Athener). Es erfüllte eine Woche ant
Enbe bes Juli unb ant Anfange bes August unb würbe jebes Jahr
gefeiert, nur mit bent Unterschiebe, baß alle vier Jahre bie Festlich¬
keiten besonbers großartig waren. Musikalische unb gymnastische Wett-
kämpfe folgten aufeinanber. Sänger, Zither- unb Flötenspieler, Ringer,
Faustkämpfer, Diskuswerfer unb Renner warben um bett Preis, einen
Kranz von bett Zweigen bes Ölbaumes. Der Höhepunkt bes Festes
war ber große Zug auf bie Akropolis am Geburtstage ber Göttin.
Ein mit allerlei Bilbwerk geschmückter Teppichmantel, ben bie attischen
yrauen gewebt hatten unb mit bem bas Athenebilb im Erechtheion
bekleibet werben sollte, war als Segel in einem Schiffe aufgehängt,
bas auf Rollen fortbewegt würbe.
Dieses Schiff würbe von ber Bürgerschaft bis zum Tempel be¬
gleitet. Die Jungfrauen trugen Körbe mit Opfergeräten auf bem
Haupte, Greife unb Greisinnen gingen hinter ihnen her mit Ölzweigen.