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nachdem er das Land durch die Aufbringung der Kriegskosten von den fremden 
Blutsaugern befreit, die Aufgabe, das preußische Volk durch Weckung eines 
sittlichen, religiösen Geistes neu zu beleben und in allen Schichten der Be¬ 
völkerung eine kräftige, vaterländische Gesinnung und eine rege Teilnahme am 
öffentlichen Wohle zu befördern. Es sollte dem Preußischen Volke wieder 
Mut, Selbstvertrauen, Bereitwilligkeit zu jedem Opfer für Unabhängigkeit und 
Nationalehre eingeflößt werden, um nach solcher Neubelebung des Volksgeistes 
die erste günstige Gelegenheit zum Kampfe für diese Güter zu ergreifen. Es 
bedurfte also einer äußeren und inneren Umgestaltung des ganzen Staats¬ 
wesens, einer sittlichen Wiedergeburt des ganzen Volkes. Zn diesem 
Zwecke suchte er besonders den Bauern- uud Bürgerstand zu heben. 
a) Die Befreiung des Bauernstandes. Um dem Ackerbau wieder 
aufzuhelfen und das verödete, aufgesogene Land zu Wohlstand und Blüte zu 
bringen, mußte der ganze Bauernstand zu größter Selbstthätigkeit angespornt, 
mit neuer Arbeitslust und neuem Arbeitsmut erfüllt werden. Das konnte nur 
durch eine Änderung seiner ganzen Lage, durch eine Erleichterung seines meist 
noch schweren Loses geschehen. Der Bauernstand war damals in fast allen 
Ländern östlich von der Elbe noch persönlich unfrei; zwar nicht mehr leibeigen 
(die Leibeigenschaft war durch Friedrich den Großen aufgehoben), aber doch 
dem Gutsherrn erbnnterthänig, d. H. der Baner war mit feiner Person an 
das Gut, an die Scholle, auf der er geboren war, gebunden; seine Kiuder 
und er selbst durften ohne Erlaubnis des Gutsherrn nicht in fremde Dienste 
gehen, feine Töchter nicht ohne des Gutsherrn Wissen und Willen sich verheiraten. 
Der Acker, den er bearbeitete, gehörte ihm nicht als freies Eigentum, sondern 
nur zum Nießbrauch; der eigentliche Besitzer war der Gutsherr, dem er für 
die Benutzung schwere Frondienste, Naturallieferungen (was heißt das?) und 
Geldabgaben leisten mußte. So fehlte ihm der kräftige Anreiz, den Acker zu 
verbessern. Denn wozu sollte er Grund und Boden bessern, der nicht sein 
Eigentum war? Wozu sollte er Haus und Hof bauen oder auch nur in gutem 
Staude halten, da ihn der Gutsherr so leicht davon vertreiben konnte? Des¬ 
halb beschloß der König, einen freien Bauernstand in Preußen zu schaffen. 
Schon im Oktober 1807 erschien eine Verordnung über die Aushebung der 
Erbnnterthänigkeit zunächst auf sämtlichen königlichen Domänen; mit dem 
Martinitage 1810 hörte auch auf allen anderen Gütern die Erbnnterthänigkeit 
der Bauern auf. Nun war der Bauer nicht mehr an die Scholle gebunden, 
sondern konnte sich frei zu jedem Berufe entschließen; eine Verpflichtung zu 
irgend welcher Dienstleistung für eine Gutsherrschaft bestand nicht mehr. Die 
alten Fronen und Lasten des Bauernstandes, die noch aus dem Mittelalter 
stammten, waren damit aufgehoben. Ebenso hörte die Verpflichtung der Land- 
leute, den königlichen Beamten, welche die Provinzen bereisten, gegen geringe
	        
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