Full text: [Das Mittelalter] (Teil 2)

Das Aufkommen Frankreichs unter den letzten Capetingern rc. 107 
2. Sein zweiter Nachfolger, Philipp IV. der Schöne 141 
(1285—1314), ein hochstrebender, aber auch gewaltthätiger Vorkämpfer 
der nationalen Monarchie, führte — nicht bloß für Frankreich — l21835146i8 
ein neues Zeitalter herbei, indem er das weltherrschende 
Papsttum niederwarf, während er gegen die von England auf¬ 
gereizten Flaudrer (flandrische Vesper, Mai 1302, Juli Schlacht 
bei Courtrah — bataille aux eperons) und deren stolze Städte- 
freiheit vergeblich kämpfte. Die Engländer beschränkte er endgültig 
auf das Land südlich der Garonne und brachte auf Kosten des ihm 
anfangs unter Albrecht I. verbündeten (§ 153) deutschen Reichs 
das einst zu Burgund gehörige Lyon an sich. Seinen ersten 
Streit mit Papst Bonisaz VIII. (1294 —1303), einem ge- 
lehrten und sittenstrengen, aber von hochfahrenden Weltherrschafts- 
ideen erfüllten Manne, der im Interesse der Wiedereroberung des 
1291 verlorenen Heiligen Landes den englisch-sranzösischen Krieg bei¬ 
legen wollte, veranlaßten Klagen des französischen Klerus über Steuer¬ 
druck, doch erhielt er gleich dadurch eine außerordentliche prinzipielle 
Bedeutung, daß Bonifaz VIII. in der Bulle Clerici s laicos c®“?eis 
1296 dem König überhaupt das Recht bestritt, Geistliche und Kirchen- laicos- 
güter zu den Staatslasten heranzuziehen. Durch Aufruhr in Rom 
(das Haus Colouna) bedrängt, lenkte der Papst jedoch ein und wurde 
von Philipp auch als Vermittler in dem Streit mit England zuge¬ 
lassen (1298), gab als solcher auch Flandern dem König preis. Aus 
Anlaß aber des Jubeljahres 1300 erhob Bonifaz VIII. viel 
weitergehende Ansprüche und behauptete als Stellvertreter Christi auf 130°- 
Erden die höchste geistliche mit der höchsten weltlichen Gewalt in sich 
zu vereinigen und als oberster Herr und Richter auch über Fürsten 
und Völker gesetzt zu sein. Als er diese Theorie zu gunsten der 
Flandrer gegen Philipp anwenden wollte, kam es unter Einwirkung 
anderer Streitpunkte durch das herausfordernde Auftreten des Legaten 
Saiffet, Bischofs von Pamiers, zu einem bedenklichen Konflikt. 
Während Bonifaz ein Konzil berief, das u. a. den König von Frank¬ 
reich bessern und die Ordnung in seinem Reiche herstellen sollte, brachte 
Philipp seine Sache an die französische Nation, indem er die bisher 
nur einzeln zu Rate gezogenen Stände (Prälaten, Adel, Städte = 
tievs 6tat) int April 1302 in Paris um sich versammelte, ihre Bei¬ 
hilfe in dem Kampfe für die Ehre des nationalen Königtums gewann 
und dem Klerus den Besuch des Konzils verbot. Als nun Bonifaz 
in der auf dem Konzil (18. November 1302) erlassenen Bulle
	        
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