Full text: [Das Mittelalter] (Teil 2)

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Das eigentliche Mittelalter. 
Unam Unam sauet am aus der Einheit der Kirche die einheitliche Ober- 
sT3o2amgewalt des Papstes über alle irdischen Machthaber 
folgerte, den König dem Bann verfallen erklärte unb durch Abtren¬ 
nung der ehemals deutschen, nun an Frankreich gekommenen bur- 
gundischen, lothringischen u. s. w. Gebiete eine Zerstückelung Frankreichs 
in Aussicht nahm, da ließ Philipp erst auf einer im Louvre gehalte¬ 
nen Notabelnversammlung gegen Bonisaz die schwersten Anklagen 
erheben und an ein allgemeines Konzil appellieren. Dessen Berufung 
zu erzwingen, schickte er seinen Kanzler Wilhelm No garet (ehemals 
Professor in Montpellier) nach Italien, welcher in Gemeinschaft mit 
den Kolonna und Rinaldo di Supino den Papst, der eben Philipp 
Att-tat ^nnen wollte, in der Nacht vom 6. zum 7. September 1303 in 
^"303"' Anagni überfiel, aber doch nichts ausrichtete, sondern nach einigen 
Tagen zum Abzug genötigt wurde. Bonisaz VIII. aber starb noch 
während der Vorbereitungen zu einer Reihe vernichtender Schläge 
gegen Philipp und seine Mitschuldigen unter dem erschütternden Ein¬ 
druck des „Attentats" von Anagni. 
142 3. Die Katastrophe Bonisaz' VIII. entschied das 
staA- Schicksal des hierarchischen Papsttums überhaupt und 
hatte den tiefen Fall desselben für die nächsten Jahr- 
tum" zehnte zur Folge. Benedikt XI. (1303—4) wahrte die schwer 
bedrohte Kirche vor weiterer Anfeindung durch Philipp IV., indem 
er die Maßregeln seines Vorgängers meist rückgängig machte. Dann 
folgte nach einem zehn Monate dauernden Konklave der Erzbischof 
m?ns v, von Bordeaux, Bertrand deGot, als Clemens V. (1303—14), 
13i3i46i§ Welcher das Papsttum völlig in den Dienst Philipps stellte, wie er 
schon in Frankreich verblieb (Anfang der sog. „babylonischen Ge¬ 
fangenschaft der Kirche"). Während er den vom König immer wieder 
verlangten Glaubensprozeß gegen Bonisaz VIII. glücklich vermied, bot 
gangTeser die Hand zur "Vernichtung des Tempelherrnordens 
Ordens*' (1307—11), der sich durch selbstsüchtige Politik, rücksichtsloses Macht¬ 
streben und Jagd nach Reichtum und Genuß allgemein verhaßt ge¬ 
macht hatte, sittlich verwildert und durch anstößige Bräuche häretischer 
Verirrung in vielen seiner Mitglieder schuldig war, außerdem durch 
seinen gewaltigen territorialen Besitz in Frankreich und den Nachbar¬ 
gebieten , starke Militärmacht und großartige finanzielle Mittel im 
Bunde mit dem sich bisher auf ihn stützenden Papsttum dem König¬ 
tum hinderlich und gefährlich war. Das Verfahren, durch welches 
die Beweise für die Schuld vieler Ordensbrüder erbracht wurden, war
	        
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