Das Aufkommen Frankreichs unter den letzten Capetingern rc. 109
freilich mit dem Makel der Gewaltthätigkeit und Grausamkeit behaftet.
Die bei Beginn des Prozesses mit Beschlag belegten reichen Besitzungen
der Templer wurden, vielfach verkürzt, nach der im März 1312 durch
Clemens V. verfügten Aufhebung des Ordens den Johannitern über¬
wiesen. Der Ordensmeister Jakob von Molay aber mit etlichen
Gebietigern endete, da er sein anfängliches Bekenntnis widerrief, im
März 1313 als rückfälliger Ketzer auf dem Scheiterhaufen.
Das Verfahren, welches auch in allen andern christlichen Ländern gegen 143
den Orden eingeleitet war, führte nicht durchweg zu einer förmlichen Ver- SGcksal
nrteilnng desselben; in Deutschland und Aragonien versuchten die Tempelherren Templer-
anfangs gewaffneten Widerstand. In Portugal hatte derselbe wenigstens in- orben§'
sofern Erfolg, als der dortige Zweig als „Christusorden" (das war der ur¬
sprüngliche Name des Tempelherrenordens gewesen) fortbestehen durfte und die
Ordensgüter behielt.
4. Gegen den Despotismus Philipps des Schönen, 144
der alle widerstrebenden Elemente niedergehalten hatte, trat nach
seinem Tode (November 1314) unter seinem schwachen Sohne Schönen
Ludwig X. (1314—16) eine Reaktion von seiten des Adels Sut^
ein, welcher manche Rechte wiedergewann. Doch behaupteten auch m-t ms
die Städte die im Bunde mit dem Königtum gewonnenen Rechte.
Bei seinem frühzeitigen Tode hinterließ Ludwig X. von seiner ersten
verstoßenen Gemahlin nur eine Tochter; der von seiner Witwe nach
seinem Tode geborene Sohn starb bald: so wurde sein Bruder, der
bisherige Regent Philipp von Anjou, 1317 zum König gekrönt,
diese Usurpation aber nachträglich durch einen Reichstag zu Paris 131137226t§
gutgeheißen, indem man, entgegen dem allgemeinen lehnsrechtlichen
Brauch, der die weibliche Nachfolge anerkannte, einen privatrechtlichen
Satz des alten Rechts der salischen Franken*) auf die französische
Krone anwandte und im Widerspruch mit der staatsrechtlichen Auf¬
fassung der Zeit Frankreich wie einen Privatbesitz des königlichen
Hauses behandelte. So entstand das sog. salische Gesetz (la loi
salique), welches die Frauen und damit die weibliche Linie überhaupt ®e^
für regierungsunfähig erklärte, eine Bestimmung, die insofern berech¬
tigt war, als das Wesen des französischen Königtums in dem Heer¬
befehl und der Stellung an der Spitze sämtlicher Kronvasallen beruhte.
Hat das salische Gesetz einerseits den nationalen Charakter des fran-
zösischen Staats mehren geholfen, und die Möglichkeit einer fremden
Herrschaft (Eduard II. von England, seit 1308 Gemahl Jsabellas,
*) De terra nulla est in muliere hereditas.