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der Jülichschen Erbschaft oder wenigstens das Herzog¬ 
tum Berg zu erhalten, führt ihn nach mehrfachem Schwanken 
auf die Seite Österreichs, von dem er sich jedoch im 
Wiener Frieden 1736 getäuscht sieht. Er stirbt voller Er¬ 
bitterung gegen Ostreich, die er auf Friedrich d. Gr. vererbt. 
Den Wohlstand hob Friedrich Wilhelm durch Sorge für 
Handel und Gewerbe, durch Herbeiziehung von Einwanderern, 
durch Bebauung und Urbarmachung wüster und sumpfiger 
Landstriche: Neugründung von 12 Städten und 332 Dörfern, 
Kultivierung besonders des Havelländischen Luchs 
(zwischen Friesack und Spandau). 
Die Staatsverwaltung wurde einheitlicher und straffer durch 
Errichtung des sog. General-Direktoriums (eigentlich 
General-Ober-Finanz-, Kriegs- und Domänen-Direktorium) 
d. h. einer Centralbehörde, welche in 5 Special-Departements, 
d. h. Provinzial- (nicht Fach-)Ministerien eingeteilt 
war. Unter diesen standen für die einzelnen Provinzen 
11 Kriegs -und Domänenkammern, unter diesen wieder 
die Landräte, Magistrate und Steuerrate; zur Prüfung 
der Rechnungen wurde die Ober-Rechenkammer in 
Potsdam eingesetzt. Diese Organisation der Verwaltungs¬ 
behörden bestand bis 1808, während die Ober-Rechnungs¬ 
kammer noch heut besteht. 
Im Staatshaushalt herrschte wie am Hofe die gröfste 
Sparsamkeit und Einfachheit; nach Bezahlung der Schulden¬ 
masse seines Vaters hob er die Staatseinkünfte zuletzt auf 
7 Mill. Thaler, von denen 5 Mill. auf das Heer verwendet 
wurden. Im Staatsschatz hinterliefs er 9 Mill. Thaler. — 
Er schrieb oft an den Rand von Berichten: ‘Geld ist die 
Losung’. 
Im Heere ist Friedrich Wilhelm Begründer der preufsi- 
schen Sauberkeit sowie der strengen Pünktlichkeit und 
Genauigkeit des Dienstes. Behufs regelmäfsiger Er¬ 
gänzung des Heeres teilte er das ganze Land in Kantone, 
die den einzelnen Regimentern zugewiesen wurden. — Aus 
ausgedienten Soldaten wurden bereits in einzelnen Provinzen 
‘Landregimenter’ gebildet, die jährlich Übungen Vornahmen. 
— Wichtige Neuerungen durch die militärische Einsicht 
Leopolds v. Dessau, des besonderen Vertrauten des 
Königs (im ganzen Heer eingeführt seit 1719) vgl. o. S. 116. 
— Die Liebhaberei für grofse Soldaten, die der König 
durch Werber in fremden Staaten selbst rauben liefs, führte 
oft zu unangenehmen Verwickelungen. — Trotz unmenschlich 
harter Disziplin sorgte der König für den Unterricht der 
Soldaten, seiner ‘blauen Kinder’, und ihre religiöse Er¬ 
bauung; für Hinterbliebene von Soldaten errichtete er das 
grofse Militärwaisenhaus in Potsdam. 
Der Hof. Erholung suchte der König in der Jagd 
(namentlich bei Königs-Wusterhausen,') südlich von 
Berlin) sowie bei Bier und einer Pfeife Tabak in der un¬ 
gezwungenen, aber freilich oft noch über das Derbe hinaus¬ 
gehenden Unterhaltung seines Tabakskollegiums, in dem 
der gelehrte, aber zu Unmäfsigkeit im Trinken geneigte 
Historiker P. v. Gundling, des Königs ‘Zeitungsreferent’ 
und später Präsident der Akademie, sich zur Rolle eines 
l) Das dortige Schlofs enthält noch zahlreiche Erinnerungen an ihn.
	        
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