— 219 —
zu sagen, ich halte alles für verloren. Das Verderben meines Vater-
landes werde ich nicht überleben. Adieu auf immer*)!
Friedrich.
172. Berlin in Feindeshand.
Bericht vom königlichen Hofe*).
1760.
(Neunundsechzig Jahre am preußischen Hofe. Aus den Erinnerungen der Lberhofmeisterin Soph
Marie Gräfin von JBog**), 5. Aufl. Leipzig 1887, S, 66 ff.)
Berlin hat kapituliert! Es hat sich dem Feind ergeben, aber nicht
den Österreichern, sondern den Russen, in der Nacht vom 8. zum 9., und
diese Unglücksnachricht ist leider nur zu gewiß! Da der Prinz von Würtemberg
und der General Hülsen in Erfahrung gebracht hatten, daß der General
Lascy mit 8000 Mann im Anmarsch sei, um die Österreicher zu verstärken,
verließen sie die Stadt mit ihrem geringen Häuslern und zogen sich gegen
Spandau zurück. Tottleben und der österreichische General Lasey sind in
Berlin eingerückt^) und haben zuvörderst von den Thoren und den könig-
lichen Schlössern Besitz ergriffen. Man sagt, daß sie bis jetzt noch gute
Ordnung halteu. — Die Russen erlauben gar keinen Verkehr der Stadt
nach außen und lassen keine Post mehr abgehen, und so kann man fernerhin
nichts mehr erfahren als unsichere Gerüchte. — Abends war ich am
Hos; die Königin hatte eben eine Stasette erhalten mit der Nachricht: die
Österreicher hätten Charlottenburg und Schönhausen vollständig ansge-
plündert und alle Lente, die sie in beiden Schlössern gefunden, getötet oder
mißhandelt. Bald nachher traf auch die Post aus Berlin wieder ein, und
eine Menge Menschen erhielten Briese, die alle aus das bitterste über die
Österreicher klagten, die ganz furchtbare Verwüstungen angerichtet hätten,
während vor ihnen die Russen sich vortrefflich benahmen. Sämtliche Lente,
die in Diensten des Königs stehen, deren die Feinde irgend habhast werden
konnten, haben sie getötet oder snrchtbar mißhandelt, die Möbel, Gemälde,
Antiken und Kunstsachen in den königlichen Schlössern zerschlagen, zu den
Fenstern hiuausgeworseu uud zertrümmert, kurz alles, was sie nicht mit
') In der Instruktion, welche der zum Rücktritte vom Oberbefehl entschlossene
König in der Nacht für den General Fink niederschrieb, heißt es: „Dieses Unglück
ganz wieder herzustellen gehet nicht an, indessen Was mein Bruder (Prinz Heinrich)
befehlen wirdt, das mus geschehen; au meinen Neveu mus die Armee schweereu.
Dieses ist der einzige rath, den ich bei denen unglücklichen umbstäuden im Stande
zu geben bin. hette ich noch resourceu, So wehre ich dabei geblieben.
Friedrich."
2) Mit 20,000 Mann. — 3) 15. Oktober.
*) Derselbe hatte sich, wie oben erwähnt, nach Magdeburg geflüchtet.
**) Geb. zu Schöufließ am 11. März 1729 als Tochter des Generals
Wolff von Paunwitz, der sich bei Malplaquet auszeichnete, gest. zu Berlin am
LI. Dezember 1814.