— 256 — 
Gefahr erzeugte sich allmählich eine Gleichgültigkeit bei vielen, die nichts 
mehr zu Herzen nahm. War anch nicht der Mut, so war doch die Natur 
erschöpft; Anstrengungen, Schlaflosigkeit, immerwährende Anspannung des 
Gemüts und Sorge fnr Weib nnd Kind und Eigentum fielen auf die 
meisten mit einem solchen Gewichte, daß sie selbst in den Trümmern ihre'' 
Wohnungen sich ein noch irgend erhaltenes Plätzchen ersahen, um den bis 
in deu Tod ermatteten Gliedern einige Ruhe zu gönnen. . . . 
So besonnen, wo es Handeln galt, so allgegenwärtig gleichsam, wo 
eine Gesahr nahte, nnd so beharrlich, wo nur die unabgespannte Kraft zum 
Ziele führen konnte, wie der Kommandant in dieser furchtbaren Nacht sich 
zeigte, hatte er immer und überall seit dem ersten Augenblicke seines Auf- 
tretens sich erwiesen. Seit Wochen schon war er so wenig in ein Bett, 
als ans den Kleidern gekommen. Nur einzelne Stunden, die er ungern 
der Thätigkeit auf deu Wälleu, unter dem heftigsten Kugelregen, abbrach, 
ruhte er auf einer Pritsche! 
199. Der Ausgang des Krieges. 
1807. 
Schreiben Friedrich Wilhelms III. an seinen Gesandten in London 
(Hassel, Geschichte der preußischen Politik 1807 bis 1815, Leipzig 1881, I., S. 338, sranzös.) 
Der Subsidienvertrag, dem Sie soviel Mühe und Eifer zugewendet 
haben, ist uuglücklicherweise zu spät gekommen und es bleibt mir nur 
Bedanern übrig gegen die Unterstütznngsanerbietnngen Englands. Der 
Krieg ist beendet, nnd der Friede, dessen Abschluß ich beschleunigt habe, 
ist ebenso beklagenswert als die Unfälle, welche ihn herbeigeführt. 
Sicherlich wird man in London direkte Nachrichten vom Kriegsschau- 
platze erhalten haben. Die Schlacht von.Heilsberg, vom 10. Juni, hatte 
unsere Hoffnungen für einen Augenblick wieder belebt. Wenn General 
Bennigsen es verstanden hätte, seine Vorteile zn benutzen, so hätte er die 
Dinge noch gut machen können; aber treu dem verderblichen System, 
welches schon bei Pnltusk und Eylan ihnen geschadet hatte, zog er sich 
aufs neue zurück, und der Feind, beweglicher und geschickter als er, wußte 
ihn dafür zu treffen. Die Franzosen verfolgten ihn und eröffneten am 
14. eine zweite Schlacht bei Friedland, in der die russische Armee, vom 
Korps L'Estocqs getrennt, eine gänzliche Niederlage erlitt. Damit war 
alles entschieden. Bennigsen zog sich in die Nähe von Wehlau zurück, die 
preußischen Truppen ans Labian, Königsberg fiel. Infolgedessen waren 
die Russen, von Tag zu Tag schwächer werdend, gezwungen, eiligst über 
den Njemen zu gehen, und alles Land bis an diesen Fluß, mit Tilsit, 
war noch verloren. Ich ging nach Memel zurück uud begab mich am 20. 
nach Schawel, wo Kaiser Alexander sich mit mir zu besprechen wünschte. 
') Baron Jaeobi-Kloest.